GTNS: Finale Furioso

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Der fünfte und letzte Stopp der Golden Trail National Series machte im Zillertal halt. Wer qualifiziert sich für das große internationale Finale? Wer gewinnt die Gesamtwertung? Diese Fragen wurden im mondänen Mayrhofen endgültig beantwortet.

Anfang August waren wir im Pitztal und schrieben von der Enge des imposanten V-Tals und den rasanten Leistungen der Athletinnen und Athleten. Einen Monat später sind wir wieder in einem langen Tiroler Tal. Das Zillertal aber ist von ganz anderer Natur. Breit, ja mit fast ausladenden Wiesen versehen zweigt es vom Inntal ab. Man muss ein Weilchen fahren, bis die Berge höher und die Talsohle schmaler wird. Genau an diesem Punkt befindet sich die heimliche „Hauptstadt“ des Zillertals. Das touristische und schicke Mayrhofen ist der letztere größere Ort, bevor sich das Zillertal in mehrere kleine Hochtäler verengt. Der Alpenhauptkamm mit seinen unzähligen 3000ern türmt sich hinter dem Städtchen auf.

Der Start-Ziel-Bereich des Mayrhofen Ultraks ist mitten in der City angesiedelt. Mitten im allgemeinen Trubel zwischen schicken Hotels und Restaurants sowie Sportgeschäften und Bergbahnen thront der Zielbogen, sodass fast Stadtmarathon-Atmosphäre aufkommt. Ganz im Kontrast dazu verhalten sich die Strecken dieses Trail-Events. Am Freitagabend werden etwas mehr als sechzig verwegene Ultratrailrunner auf die lange Strecke des Z101 geschickt. Der hochalpine und superanspruchsvolle Berliner Höhenweg ist die Arena dieser ganz besonderen alpinen Herausforderung. Die Teilnehmenden haben Glück. Es ist das letzte hochsommerliche Wochenende des Sommers. Mit lauter Musik und unter den Anfeuerungsrufen der Zuschauer werden die Abenteurer in die laue Sommernacht geschickt.

© Jan Lenfert

Erst am nächsten Tag in der Früh startet der MUZ30: Eben jene Strecke, auf welcher das Finale der Golden Trail National Series stattfindet und welche aufgrund dessen auch am dichtesten besetzt ist. Die Anforderungen dieser 30 Kilometer und 2000 Höhenmeter sind etwas kontra-intuitiv, sind die technischsten und anspruchsvollsten Abschnitte doch eher im unteren Teil und damit am Anfang und am Ende des Kurses angesiedelt. Fast 2000 Höhenmeter am Stück geht es über Singletrails hinauf ins Skigebiet. Dort oben muss man laufen. Die Infrastruktur des Skigebiets sorgt für breite Wege mit mäßiger Steigung. Zurück ins Tal geht es über einen langen Downhill, der zum Ende hin immer anspruchsvoller wird.

Ein abwechslungsreicher Rennkurs und doch ganz anders als im Pitztal. Aber zwischen Pitztal und Zillertal gab es ja tatsächlich noch einen anderen namhaften Stopp, bei dem man Punkte für die GTNS sammeln konnte. Im schon traditionell dicht-besetzten Feld von Sierre-Zinal war dies aber tatsächlich keine einfache Angelegenheit. Mit Platz 43 sammelte Marc Dürr als zweitbester Deutscher dort lediglich 37 Punkte, während er für seinen Sieg in Bad Reichenhall hundert Punkte ergattert hatte. Da er nur diese beiden Rennen gelaufen war, klaffte allerdings doch eine mehr oder weniger große Lücke zu den Führenden der Gesamtwertung. Manuel Innerhofer (200 Punkte), Hans Peter Innerhofer (176 Punkte) und Johannes Nussbaumer (156 Punkte) führten das Ranking vor dem Finale an. Es waren also diese vier Namen, übrigens alle bei Salomon unter Vertrag, die um die zwei zu vergebenden Tickets für das Big-Final der Golden Trail World Series in der Schweiz kämpfen sollten.

Auch bei den Frauen waren es vier Athletinnen, die sich berechtigte Hoffnungen auf die ersten beiden Plätze der Gesamtwertung und damit das Ticket für das Big-Final machen durften. Marion Leiberich führte die Gesamtwertung souverän an. Nach ihrem Sieg beim ZUT (100 Punkte), hatte sie sich auch in Sierre-Zinal gegen internationale Konkurrenz bewiesen und mit ihrem 13. Platz 121 Punkte gesammelt. Karin Hahn und Nadja Faessler lauerten allerdings gleich dahinter mit nur unweit weniger Punkten. Erstere riss sich allerdings leider ein paar Tage vor Mayrhofen das Außenband. Da gerissen nun mal gerissen ist, wollte sie es aber dennoch versuchen und sich an den Start stellen. Schließlich war da noch Silvia Schwaiger. Die erfahrene Slowakin, wohnhaft in Innsbruck, hatte von allen vieren die schwierigste Ausgangsposition.

Siegerin und Sieger: Marc Dürr und Silvia Schwaiger

Wir platzierten uns am höchsten Punkt der Strecke, um ein paar Aufnahmen von den Athletinnen zu machen und sie mit ein paar guten Worten in den langen Downhill zu schicken. Aufgrund des abwechslungsreichen, aber doch eher simplen Streckenverlaufs ist die Sache relativ eindeutig: Wer nach dem langen Uphill und dem laufbaren Abschnitt im Skigebiet vorne ist, hat gute Chancen, diese Platzierung auch ins Ziel zu retten, insofern er im Downhill nicht komplett eingeht. Marc Dürr und Manuel Innerhofer erreichen als Führungsduo den höchsten Punkt. Dieser ist relativ unspektakulär. Die Forststraße endet abrupt und es geht steil einen Almwiesentrail hinab. Der Skibergsteiger Dürr aus dem Allgäu ist im Downhill normalerweise etwas versierter unterwegs und hat nun alle Karten in der Hand.

Hinter den beiden kämpft Hans-Peter Innerhofer um Rang drei. Der ältere der beiden Zwillingsbrüder hatte sich beim OCC in Chamonix die Rippe geprellt und spürt das Handicap noch deutlich. Ihm ist Dominik Matt auf den Fersen, der in Mayrhofen einen Sahnetag erwischte. Die beiden Nachwuchsathleten Lukas Gasser und Johannes Nussbaumer erreichen den höchsten Punkt auf fünf und sechs. Wie erwartet, gibt es bei diesem Ranking keine großen Verschiebungen mehr. Marc Dürr siegt knapp vor Manuel Innerhofer und bleibt als Einziger unter 2:30 h. Dominik Matt kann den zweiten Innerhofer-Bruder im Downhill noch stellen und feiert damit seine erste Podiumsplatzierung bei einem GTNS Event. Nussbaumer und Gasser folgen auf Rang 5 und 6. Kurz herrscht leichte Verwirrung, wer nun zum großen Finale nach Acona-Locarno fährt. Aber schnell ist klar: Mit seinem Sieg schiebt sich Dürr auf Rang zwei der Gesamtwertung vor und wird gemeinsam mit Manuel Innerhofer in die Südschweiz reisen.

MUZ30 (Männer)
PlatzNameZeit
1Marc Dürr2:29:58
2Manuel Innerhofer2:31:55
3Dominik Matt2:37:12
4Hans-Peter Innerhofer2:37:54
5Johannes Nussbaumer2:39:42
6Lukas Gasser2:39:54
7Dominik Hohenleitner2:42:56
8Yannik Fuchs2:45:04
9Clemens Blassnig2:52:00
10Thomas Wanninger2:52:18

Bei den Frauen lässt 43-jährige Silvia Schwaiger die erheblich jüngere Konkurrenz im ersten Anstieg hinter sich und erreicht als Erste den höchsten Punkt. „Ich habe gewusst, dass ich gut klettern kann und viel Kraft in den Beinen habe“, erklärt die Salomon Athletin uns später. Weiter erzählt sie uns, dass sie den ganzen Sommer mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte und erst seit einem Monat wieder so trainieren konnte wie gewünscht. Die kurze Vorbereitungsphase reicht der routinierten Athletin aus, die ihre ganze Erfahrung ausspielt und nach dem dritten Platz im Auftaktrennen in Bad Reichenhall ihr erstes GTNS-Event gewinnt.

Dahinter folgt eine Athletin, die ebenfalls mit Problemen über den Sommer zu kämpfen hatte. Anna Plattner, ehemalige Mountainbikerin, ist nach eigenen Aussagen weit weg von ihrer Bestform, aber froh, wieder dabei sein zu dürfen. Ihr letztes Rennen war das Auftaktrennen in Bad Reichenhall gewesen, wo sie den zweiten Platz hinter der Französin Elise Poncet erlief. Dieser sollte es auch an diesem Tag werden. Allerdings braucht man mindestens drei Rennen, um in die Gesamtwertung einzugehen, sodass sie die Final-Quali verpasst. An diesem Tag überwiegt für die 31-Jährige aber eindeutig die Freude darüber, wieder dabei zu sein.

Marion Leiberich läuft souverän, komplettiert das Podium und sichert sich damit den ersten Platz in der Gesamtwertung. Auf Platz zwei schiebt sich tatsächlich die heutige Siegerin Silvia Schwaiger: Die Schweizerin Nadja Faessler erwischt keinen guten Tag und leidet schon am ersten Berg. Allerdings kämpft sie sich durch und liefert sich mit Lisa Wimmer ein phänomenales Downhill Battle. Beide Athletinnen sind exzellente Bergab-Läuferinnen. Ein Glück waren wir geistesgegenwärtig mit unserer Kamera vor Ort und haben dieses packende Duell für euch eingefangen. Zwei Konkurrentinnen können die beiden im Downhill noch einsammeln und belegen am Ende die Plätze sechs und sieben. Nadja gewinnt den dritten Platz in der Gesamtwertung, verpasst damit aber leider knapp die Quali für das Finale.

Die volle Downhill Action im Reel Format:

MUZ30 (Frauen)
PlatzNameZeit
1Silvia Schwaiger3:03:57
2Anna Plattner3:04:49
3Marion Leiberich3:10:03
4Isabell Speer3:11:53
5Shelly Schenk3:12:34
6Lisa Wimmer3:15:16
7Nadja Faessler3:15:56
8Laura Bocchino3:17:24
9Severin Petersen3:17:49
10Jana Klaiber3:23:23

Mit das schönste an einer Laufserie ist, dass man verlässlich die immer gleichen Gesichter in aller Regelmäßigkeit wiedersieht. So geht es auch den Athleten und Athletinnen der Golden Trail National Series. Der begrenzte Schattenplatz auf dem heißen Mayrhofener Asphalt ist nach dem Rennen gesäumt mit zufriedenen Finishern, die ihre Erlebnisse auf den Trails miteinander teilen. Man kennt sich, man respektiert sich, man mag sich.

Am Ende fehlt nur eines: eine zünftige Abschlussparty. Aber vielleicht steckt da auch zu viel Hedonist und zu wenig Profisportler im Autor dieser Zeilen. Schließlich ist die Saison ja noch nicht vorbei. Für sechs der Athleten und Athletinnen wartet schließlich das große Finale (neben den beiden Erstplatzierten qualifizierten sich auch die Führenden der U23 Wertung Laura Bocchino und Mathjis Karels).

Manuel Innerhofer freut sich auf das Finale, auch wenn der sympathisch geerdete Seilbahntechniker, genau wie sein Bruder bisher kein Glück hatte bei den großen internationalen Events. Hoffentlich wird dies Geschichte sein, wenn es am 17.10. auf die Trails hoch über den Lago Maggiore geht. Am Wissen um die eigenen Stärken sollte es zumindest nicht scheitern: „Ich brauche mich nicht verstecken. Ich habe das Potenzial in die Top Ten zu laufen.“

GTNS Gesamtwertung

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