Das Rennen zwischen Sierre und dem Talschlussort Zinal im schweizerischen Wallis gilt als das am stärksten besetzte Trail- bzw. Berglaufrennen der Welt. Es gehört sowohl zur Golden Trail World Series als auch zum WMRA Mountain Running World Cup. Wie wahnsinnig dicht das Feld auch dieses Jahr wieder besetzt war, beweist ein Blick auf die ITRA Score Liste: Die Top Ten erzielten allesamt über 900 ITRA Punkte, die ersten 60 Läufer über 800 ITRA Punkte.
Eine Überraschungssiegerin erlebten wir bei den Frauen: Joyline Chepngeno lief an diesem Tag ihr erstes Trailrennen überhaupt. Sie begann erst kürzlich ernsthaft mit dem Laufen und nahm in den letzten 1,5 Jahren 30 Kilogramm ab. Angesichts dieser Tatsache ist es erstaunlich, mit welcher Dominanz sie am Samstag das Rennen absolvierte. Mit einer Zielzeit von 2:56:06 ließ sie ihren Konkurrentinnen von Beginn an nicht den Hauch einer Chance und blieb als einzige Frau unter der 3-Stunden-Marke. „Das war mein allererstes Rennen, und ich freue mich total über den Sieg. Das heißt, dass ich beim nächsten Mal noch stärker sein werde! Ich bereite mich jetzt direkt auf Polen vor und hoffe, dass ich eine gute Platzierung in der Golden Trail Series-Gesamtwertung ergattern kann“, äußerte sich die 26-jährige Kenianerin im Ziel.
Scout Adkin, eine 30-lährige Bergläuferin aus Großbritannien, folgte nach 3:02:21 auf Rang zwei. Zwei Minuten vor Madelina Florea aus Rumänien. Favoritin Judith Wyder musste zwei Wochen nach einer überstandenen Covid Infektion aufgrund körperlicher Beschwerden aussteigen. Beste deutschsprachige Athletin war Marion Leiberich mit einem starken 13. Rang. Wir kennen die Karlsruherin von der Golden Trail National Series. Tatjana Schulte läuft auf Rang 40 und Lisa Wimmer auf Rang 44.
Bei den Männern war das Rennen bis kurz vor der Ziellinie komplett offen. Kilian Jornet, der haushohe Favorit und Streckenrekordhalter, gab von Beginn an ein wahnsinniges Tempo vor und scheute bei den sehr heißen Bedingungen kein Risiko. Am Ende des Anstiegs musste er Josphat Kiprotech die Führung überlassen, holte sie sich später aber wieder zurück. Er sah zu diesem Zeitpunkt wie der sichere Sieger aus. Aber von hinten kam Philemon Kiriago, der letztjährige Sieger angelaufen. Der Kenianer hatte sich das Rennen sehr gut eingeteilt und konnte im Flachstück einen 3-Minuten-Rückstand auf Kilian egalisieren und diesen im finalen Downhill sogar überholen. Doch Kilian blieb dran.
Was folgte, war ein hoch spannender Zweikampf bis ins Ziel (schaut ihn euch hier nochmal an). Trotz Krämpfen war es am Ende Kilian, der seine unfassbaren Fähigkeiten im technischen und steilen Downhill ausspielte und Kiriago etwas distanzierte. Dieser konnte unten im finalen Flachstück wieder aufschließen, doch die Ziellinie kam ein paar Meter zu früh. Kilian siegte mit einer Sekunde Vorsprung vor Kiriago und lief am Ende sogar doch noch Streckenrekord. 26 Hundertstel blieb er unter seiner alten Bestmarke. Einige vermuteten, dass diese Leistung mit einer neuen ITRA-Rekordpunktzahl belohnt werden könnte.
Am Ende landete Kilian bei 964 Punkten. Nur Remi Bonnet, Matt Carpenter und Jim Walmsley erreichten in der Vergangenheit noch höhere Scores. „Dieser 10. Sieg war sicher kein Geschenk. Aber für mich ist es mehr als nur mein 10. Sieg: Für mich ist es der Beweis, dass man sich auch nach 15 Jahren noch verbessern kann, auf derselben Strecke“, spricht der Katalane im Ziel.
Dritter wurde Patrick Kipngeno, der ebenfalls noch unter 2:30h blieb. Favorit Remi Bonnet versucht es Jahr um Jahr. Doch so richtig scheint ihm dieser Kurs nahe seiner Heimat nicht zu liegen. Nachdem er lange Zeit aussichtsreich auf Rang drei lag, musste er am Ende erneut etwas Federn lassen und landete auf einem immer noch starken, aber für ihn eher unbefriedigenden neunten Platz. Der Schweizer Roberto Delorenzi, amtierender Europameister im Berglauf, bewies mit seinem fünften Platz einmal mehr, dass er inzwischen zu den ganz Großen im Trailrunning gehört.
Bester deutscher Läufer wurde Julius Ott auf Rang 30. Der Wahl-Innsbrucker begann mutig und lief am Anfang sogar in den Top 20. Die beiden Innerhofer Brüder Manuel und Hans Peter finishten nach 2:50h auf Rang 50 und 51 und blieben damit hinter ihren eigenen Erwartungen zurück. Es bleibt dabei: International können die beiden Pinzgauer nicht an ihre Ausnahmeleistungen bei heimischen Trailrennen anknüpfen. Auf Platz 67, 69 und 73 platzieren sich die deutschen Alex Dautel, Christoph Lauterbach und Thomas Wanninger.