Die Ankündigung von X-Bionic, nun auch ins Trailschuhsegement einzusteigen, hat uns definitiv aufhorchen lassen. Die Schweizer haben sich besonders mit ihrer innovativen (und ja, auch hochpreisigen) Funktionskleidung einen Namen gemacht. Jetzt folgt also der erste Trailrunningschuh aus dem Hause X-Bionic. Das Modell hört auf den Namen „TerraSkin X00/C“ und verspricht, laut Hersteller, „ein völlig neues Trail-Erlebnis“. Kann er dieses Versprechen einhalten? Wir haben den Schuh auf mehreren Testläufen ausprobiert und haben uns eine Meinung gebildet.
Zunächst einmal muss festgehalten werden: Wow, was für eine Optik! Rein designtechnisch hat sich X-Bionic beim TerraSkin einiges einfallen lassen. Der Schuh grenzt sich ab. Nicht nur farblich, sondern auch strukturell. Ein auffälliges Gitter namens Speedframe umschließt die komplette untere Schuhhälfte. Auch das Upper und die Außensohle fallen ins Auge, wirken irgendwie anders. Erster Eindruck: X-Bionic gehen mit ihrer Vorstellung eines Trailschuhs sichtbar eigene Wege. Und wie läuft sich der Schuh?
Die Passform ist eine der ganz großen Stärken dieses Schuhs. Das merken wir schon beim Anziehen. Die Kombination der Schnürung und einem stretchigen, aber robustem, zungenlosem Obermaterial funktioniert richtig gut. Der nicht zu enge und nicht zu breite Schuh sitzt nahezu perfekt und versprüht ein hohes Maß an Stabilität. X-Bionic empfiehlt (natürlich) das Tragen der auf den Schuh abgestimmten hauseigenen Socke. Wir meinen: Kann man machen, muss man aber nicht. Auf den Trails angekommen fühlen wir uns direkt zum gerölligen, technischen Terrain hingezogen. Wir merken, dass der TerraSkin in den Schweizer Alpen entwickelt wurde und hoch hinaus will. Entschuldigung, wo ist hier das nächste Schuttkarr zum runterlaufen bzw. rutschen? Mein Schuh verlangt danach. Der TerraSkin ist komplett auf Stabilität, Schutz und Halt ausgelegt. Er tut alles dafür, dass man nicht den Grip verliert (Vibramsohle), umknickt oder sich die Zehen an einem Stein prellt. Wer im hochalpinen Terrain unterwegs ist, hat mit dem Schuh von X-Bionic auf jeden Fall einen verlässlichen Partner am Fuß.
Sobald man ins laufbarere Gelände kommt und Kilometer im höheren Tempo abspulen kann, stößt der TerraSkin an seine Grenzen. Der Schuh ist dank eines U-förmigen Carbonelements recht steif und unflexibel. Eine Kombination, die gemeinhin in High-Performance-Trailschuhen als das Rezept für mehr Vortrieb und Geschwindigkeit gilt, will beim TerraSkin nicht so richtig zünden. Dafür ist der Schuh mit 319 Gramm in der Mustergröße zu schwer. Auch der Schaum der Zwischensohle ist nicht weich und federnd genug. Die Energierückgabe ist folglich gering. Muss sich aber auch sein, wenn der Schuh dort performen will, wofür er gemacht zu sein scheint: für Steige, Höhenwege und knifflige Downhills. Die Eigenschaften eines dynamischen High-Performance-Schuhs wären an ebenjenen Orten kontraproduktiv oder würden zumindest auf Kosten von Stabilität und Schutz gehen. Apropos Kosten: Mit einem Preis von 300 € spielt der TerraSkin natürlich in einer Liga mit den High-Performance-Schuhen. Von seinen Laufeigenschaften gehört er aber unserer Meinung nach nicht in die Kategorie der „Supershoes“.
Das robuste Obermaterial, das am Spann des Fußes aus gestricktem, dicken Mesh besteht, verspricht lange Haltbarkeit. Da geht so schnell nichts kaputt. Etwas mehr Atmungsaktivität hätten wir uns allerdings an besonders warmen Tagen gewünscht. Aber auch hier gilt: Wäre das Material luftiger, wäre der Halt möglicherweise nicht mehr in der Form gewährleistet. Der Versuch, einen kompletten und ultimativen Trailschuh für alle Formen von Trails zu entwickeln, muss wahrscheinlich scheitern. Zu unterschiedlich sind die Anforderungen an den Aufbau und das Material. Der TerraSkin darf als der Versuch eines solchen One-Shoe-Runs-All-Prinzips gelten, der vieles richtig gut macht, aber eben nicht alles.
Fazit: Wir sehen die Einsatzzwecke dieses Schuhs ganz klar umrissen: Wenig laufbare und alpine Trails sind der Boden, auf dem der TerraSkin richtig abliefert. Dort fühlt er sich zu Hause und ist in seinem Element. Wer sich von dem hohen Preis nicht abschrecken lässt, erhält einen robusten und stabilen Schuh fürs Gebirge.
Gewicht | 319 g (unisex) |
Sprengung | 5 mm |
Preis | 300 € |