Der Ribelle Run Kalibra HT von Scarpa ist ein mit dem BOA-Fit System ausgestatteter Trailschuh, der laut Herstellerangaben besonders im anspruchsvollen und technischem Terrain glänzen soll. Das haben wir uns nicht zweimal sagen lassen und sind mit dem Schuh ins alpine Gelände gelaufen. Präzision, Grip und Stabilität sind drei Punkte, auf die wir besonders geachtet haben. Wie hat sich der Scarpa geschlagen?
Der Schuh ist robust. Er bietet viel Schutz. Gegen einen Stein laufen? Ihre Zehen werden (fast) nichts davon mitbekommen. Das ist eine seiner ganz großen Stärken. Auch seitlich sind Schutzelemente verbaut. Gerade im alpinen Gelände kommen die scharfen Kanten und harten Elemente nicht nur frontal auf einen zu, sondern können im dynamischen Laufschritt auch seitlich in den Schuh drücken. Mit dem Ribelle Run Kalibra HT kein Problem. Auch der Grip hat uns überzeugt. Gerade auf steinigen und verblockten Trails performt der Schuh sehr gut. Großflächige, schräge Steine können „auf Reibung“ angesteuert werden. Erst wenn Feuchtigkeit ins Spiel kommt, wird es tückisch mit dem Grip, aber das ist bei Konkurrenzmodellen natürlich nicht anders.
Der Schuh läuft sich im flachen und schnellen Gelände etwas behäbig, was zum einen am Gewicht liegen dürfte, zum anderen an der wenig dynamischen Dämpfung. Kürzere Überführungskilometer durchs Tal, von einem Berg zum nächsten gehen ohne Weiteres. Aber längere Abschnitte flach laufen? Möglicherweise noch auf Asphalt? Sagen wir so: Der Schuh lädt nicht zum Ballern ein. Das ist aber auch nicht seine Kernkompetenz. In Hikingpassagen fühlt er sich wohl. Auch leichtere Kraxelei sind durch seine Steifigkeit bestens zu meistern. Hier verschwimmt die Grenze zwischen den Disziplinen. Der Schuh kann für viele Einsatzzwecke am Berg verwendet werden. Trailrunning bzw. Skyrunning ist nur eine davon.
Das Wrap360-Schnürsystem, das Scarpa zusammen mit BOA entwickelt hat, soll dafür sorgen, dass mit nur einem Drehknopf das gesamte Obermaterial justiert werden kann. Das verbaute Seil ist rundum im Schuh verspannt. Ein Drehen reicht und man spürt, wie sich der Schuh vollständig verengt oder lockert. Das Drehen geht in diesem Fall dank Li2-Drehknopf in beide Richtungen. Das Konzept ist durchdacht und innovativ. Für uns hat das System grundsätzlich gut funktioniert. Nur im Mittelfußbereich hätten wir uns noch eine engeren Fit gewünscht. Ist das Rad bereits so weit gedreht, dass der Knöchel sehr fest eingeschnürt ist, bleibt im Mittelfuß noch etwas Spiel. Das mag an der individuellen Fußform liegen, scheint aber keine Einzelmeinung zu sein, wenn man sich umhört. Ist das ein Problem? Es kommt drauf an. Auf den allermeisten Trails würde uns das nicht weiter stören. Erst im wirklich schwierigen Terrain wie beispielsweise in einem gerölligen Downhill, also dort, wo der Schuh eigentlich seine Stärken hat, dürfte es noch etwas mehr Halt durch eine engere Passform sein.
Der Schuh ist ein Schuh für längere Läufe bis hin zum Ultratrail im gemächlichen Tempo mit vielen Hikingabschnitten. Vor dem Kauf empfiehlt sich eine Anprobe, um die Präzision der Passform zu überprüfen.
Fazit: Ein sehr robuster und stabiler Schuh, der den Fuß im alpinen Terrain bestens schützt. Im ruhigen Tempo im technischen Terrain fühlt sich der Scarpa am wohlsten. Bei höheren Geschwindigkeiten in laufbaren Abschnitten kommt er aufgrund fehlender Dynamik an seine Grenzen.
Gewicht | 310 g (Herren) / 260 g (Damen) |
Sprengung | 4 mm |
Preis | 189,95 Euro |