Zugspitz Ultratrail wird Teil der UTMB World Series

Es ist ein Paukenschlag: Die UTMB Ironman Gruppe kauft Deutschlands größtes Trailrunning-Event. Aus dem „Zugspitz Ultratrail“ wird der „Zugspitz Ultratrail by UTMB“. Damit bekommt Deutschland sein erstes UTMB World Series-Event. Auch der traditionsreiche Transalpine Run wird vom UTMB übernommen. Ein folgerichtiger und längst überfälliger Schritt? Ein weiterer Beleg für die expansiven Übernahmeaktivitäten des UTMB? Erste Analysen und Einschätzungen dazu lest ihr hier.

Gerüchte über das Interesse des UTMBs am Zugspitz Ultratrail (ZUT) kursieren schon länger. Doch es schien bis zuletzt nicht danach auszusehen, als würde der bisherige Veranstalter des ZUT, die PLAN B Event Company GmbH aus dem Süden Münchens, von seinem Konzept abbringen lassen – den ZUT als ein Rennen zu verstehen, das autark für sich steht, Breitensport-orientiert, mehr national als international ausgerichtet ist. Warum auch? Der Zugspitz Ultratrail hat sich seit seiner Erstaustragung im Jahr 2011 zum größten alpinen Trailrunning-Event in Deutschland entwickelt. Die Teilnehmerzahlen sind von damals 676 auf nunmehr rund 5.000 angestiegen. Noch nie zuvor waren alle angebotenen Strecken des ZUT so schnell ausverkauft wie in der letzten Ausgabe. Warum sollte ein Veranstalter sich also von seinem offensichtlich hervorragend funktionierenden Event trennen?

Der neue Eigentümer von ZUT und TAR heißt Ironman. Die Ironman Gruppe hält eine Minderheit der Anteile an der UTMB Group. Während der ZUT in die UTMB World Series eingegliedert wird, bleibt der Transalpine Run (TAR) ein eigenständiges Event. Die Zusammenarbeit des UTMB mit dem amerikanischen Triathlon-Giganten wurde von Beginn an auch kritisch gesehen.  Droht dem Trailrunning eine „Ironmanisierung“, also eine derart starke Kommerzialisierung, die das Selbstverständnis des Sports, das im Kern auf ideellen Werten wie Unabhängigkeit, Freiheit und Abenteuer basiert, verändern könnte?

Die Cheerzone der "Nomads" beim ZUT 2025. Foto: Klaus Fengler (Aufmacherfotos: Andi Frank)

Die langsame Annäherung

Eine der ersten Kontaktaufnahmen zwischen UTMB und PLAN B gab es vor rund 10 Jahren. Damals, im Jahr 2016, unternahm der UTMB angeblich rechtliche Schritte, um sich den Begriff „Ultra-Trail“ als Marke schützen zu lassen und ging mutmaßlich gegen Veranstaltungen vor, die diesen Begriff im Namen führten. So auch (offensichtlich erfolglos) beim Zugspitz Ultratrail. Dieser Vorgang hat das Verhältnis zwischen den beiden Parteien in den Folgejahren belastet. Die Fronten schienen vorübergehend verhärtet, bis der UTMB die beiden PLAN B-Geschäftsführer, Uta und Heinrich “Heini” Albrecht, im August 2023 zur Austragung der UTMB World Series Finals nach Chamonix einluden. Eine Geste der Annäherung?

Der Autor dieses Textes hat die Albrechts 2023 in Chamonix getroffen und erinnert sich an die positive Stimmung, die vor Ort allgemein und bei den beiden im Speziellen herrschte. Es steht zu vermuten, dass der persönliche Kontakt zum UTMB-Team und das persönliche Erleben des Spektakels vor Ort die Basis für einen folgenden konstruktiven Austausch gelegt haben dürfte. Auch wenn hinter den Kulissen gemunkelt wurde, dass die ausufernden Dimensionen des Massenevents in Chamonix auf Seiten von PLAN B kritisch gesehen wurden – zu unpersönlich und anonym für das bayerische Veranstaltungsunternehmen, das seinen organisch gewachsenen Kreis an Teilnehmenden gerne als „Familie“ bezeichnet.

Warum also jetzt? Darüber darf spekuliert werden. Heini und Uta Albrecht sind seit Jahrzehnten im Geschäft, haben die Szene und den Sport entscheidend mitgeprägt und dürften sich nach vielen Jahren harter Arbeit auf ihren wohlverdienten Ruhestand freuen. Ohne sie wäre Trailruning in Deutschland nicht zu dem geworden wäre, was es heute ist. Der Verkauf der erfolgreichsten Events aus dem Plan B-Portfolio – der gerechte Lohn für das Lebenswerk der Albrechts? Das Timing dafür hätte nicht besser sein können. In der Pressemitteilung werden die beiden wie folgt zitiert: „Nach all den intensiven Jahren im Veranstaltungsgeschäft möchten wir uns persönlich etwas zurückziehen.“ Sie werden weiterhin in beratender Funktion tätig sein.

Die Hauptverantwortlichen im Orga-Team des Zugspitz Ultratrail by UTMB und des Transalpine Run werden ehemalige PLAN B-Mitarbeiter sein. Unseren Informationen nach verlassen Jürgen Kurapkat (Kommunikation), Lukas Pabst (Teilnehmermanagement) und Maren Pabst (Projektleitung/Verpflegung) PLAN B. Das Trio arbeitet künftig für die Ironman-Gruppe und wird seine jahrelange Erfahrung und das fachliche Know-How miteinfließen lassen. PLAN B bleibt als Unternehmen bestehen und veranstaltet die verbleibenden Events wie z.B. die LOWA Trail Trophy.

Vor dem Umzug nach Garmisch: Der Startbereich des ZUT 2019 in Grainau. Foto: Kelvin Trautman

Erfolgswelle weckt Begehrlichkeiten

Der ZUT hat in jüngster Zeit eine Art Renaissance erlebt. Nicht nur der Sport Trailrunning boomt, sondern auch die Location Garmisch-Partenkirchen als der Trailrunning-Hotspot Deutschlands. Die lebendige lokale Laufcommunity rund um die umtriebige und Social Media-affine Laufcrew „Nomads“ ist nur ein Beispiel für die aktive Szene vor Ort. Der Umzug des Start- und Zielbereichs des ZUT aus dem beschaulichen Grainau hinein in den Ortskern von Garmisch-Partenkirchen im Jahr 2022 war rückblickend eine strategisch kluge Entscheidung, die den Bedeutungswandel von Trailrunning als Randsportart hin ins Zentrum der Aufmerksamkeit symbolisiert. Damit einhergehend wuchs die Begeisterung und der Hype rund ums ZUT-Wochenende noch mal spürbar an – Menschenspaliere durch die Fußgängerzone, Cheerzones am Berg, das Feiern im Zielbereich. Beim ZUT wehte plötzlich ein Hauch von Chamonix durch die Gassen von Garmisch, ein Ort übrigens, der interessanterweise seit 1966 offizielle Partnerstadt von Chamonix ist. Diese positive Gesamtentwicklung ist von Seiten des UTMB sicherlich nicht unbemerkt geblieben.

Ein UTMB World Series-Event in Deutschland? Bei dem enormen Anwachsen der 2021 gegründeten UTMB World Series-Rennen nur eine Frage der Zeit? Von anfangs 25 Events im Jahr 2022 wuchs die Zahl stetig an. Fast im Monatstakt wurden neue Events aus dem Boden gestampft oder bereits bestehende Veranstaltungen vom UTMB übernommen, sodass die Serie Anfang Oktober 2025 ganze 56 Events umfasste. Die Wahl, vor der der UTMB in Deutschland stand, lautete: Ein gänzlich neues Rennen erfinden und etablieren oder auf ein bestehendes Event setzen? Die Wahl fiel auf letztere Option: Der ZUT by UTMB ist Nummer 57 der UTMB World Series. Das Rennen findet vom 18.-20. Juni 2026 statt.

Die Hauptverantwortlichen im Orga-Team des Zugspitz Ultratrail by UTMB werden unseren Informationen nach ehemalige PLAN B-Mitarbeiter sein.

Der Start des ZUT 2022 in der Fußgängerzone von Garmisch. Foto: Andi Frank

Anreiz für mehr Spitzensport?

Die bislang fehlende Anbindung des ZUT in ein größeres Serien-Format hatte zur Folge, dass die Dichte an nationalen und internationalen Spitzensportlern und Sportlerinnen in den Startfeldern überschaubar blieb. Ein gutes Abschneiden bei einem der Events ließ sich aus Spitzensport-Perspektive wenig verwerten. Nicht nur gab es kein Preisgeld, sondern, vielleicht noch wichtiger, es gab keine Qualifikationsmöglichkeiten für z.B. den UTMB. Allein ein Ticket für die Lotterie des Western States 100 gab es bei einem Finish der 100 km und 100 Meilen des ZUT zu ergatten.

" "Super News für den deutschen Trailsport." "

Hannes Namberger

Vereinzelt gab es sie natürlich schon, die großen Namen, aber über 2-3 Athletinnen und Athleten hinausgehende hochkarätig besetzte Rennen gab es beim ZUT so gut wie nie. Eine Ausnahme stellte die Stippvisite der Golden Trail National Series (GTNS) im Jahr 2023 und 2024 auf der Strecke des Garmisch-Partenkirchen Trails des ZUT dar, der es schaffte, eine große Zahl an bekannten Läuferinnen und Läufer aus dem DACH-Raum an die Startlinie zu holen. Junge Trailrunner konnten sich in einem top-besetzten Feld zeigen und ausprobieren. Es ist schade, dass sich dieses Aufeinandertreffen durch die Einstellung der GTNS nicht institutionalisieren ließ.

Auch die Tatsache, dass die 100 km-Distanz des ZUT 2025 ein Sichtungsrennen des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) für die Trailrunning-WM in Canfranc war, hat geholfen. Aber unterm Strich bleibt: Der ganze große Spitzensport fand woanders statt. Wird sich das zukünftig ändern? Wird der Zugspitz Ultra Trail by UTMB ähnlich wie z.B. der Lavaredo Ultra Trail by UTMB oder der Chianti Ultra Trail by UTMB zukünftig regelmäßig nationale und internationale Top-Stars anlocken?

Hannes Namberger, frischgekührter Sieger des Mallorca by UTMB, freut sich. „Super News für den deutschen Trailsport“, findet der Profi-Trailrunner. „Jetzt werden nicht nur in Deutschland auf dieses Rennen schauen, sondern auch die international. Dadurch wird der Fokus verstärkt auf  deutsche Athleten und Athletinnen gerichtet. Jetzt liegt es aber am Veranstalter, ob er aus dem Ganzen was macht. Ob es ein Event wird, was allein für die breite Masse gedacht ist oder ob da wirklich super Athleten am Start sein werden. Ich werde da laufen, wo die internationale Konkurrenz da ist.“

Ida-Sophie Hegemann lässt sich ganz ähnlich zitieren: „Es ist nur logisch, dass Deutschland als große und ambitionierte Trailrunning-Community jetzt Teil der UTMB World Series ist. Der Zugspitz Ultra Trail by UTMB ist der größte und schönste Wettkampf, den wir in Deutschland haben; ich freue mich schon sehr auf den Start im Jahr 2026!“

Der Zeitpunkt Ende Juni ist, zumindest im Hinblick auf die UTMB World Series Finals in Chamonix, ideal. Das erhöhte Prestige des ZUT als UTMB World Series-Event könnte möglicherweise eine mit der GTNS vergleichbare Anziehungskraft besonders auf den kürzeren und mittleren Distanzen entwickeln und damit einen Impuls für die positive Gesamtentwicklung des nationalen Trailrunning-Nachwuchs geben.

Bergpanorama beim ZUT 2022. Foto: Klaus Fengler

Konsequenzen für Trailrunner

Neben der Namensänderung und einem neuen Logo wird sich vieles ändern, manches aber auch gleich bleiben. Die Distanzen und Streckenführungen bleiben unverändert. Eine relevante Frage, die sich viele Trailrunner stellen werden, ist die nach den Anmeldepreisen. Diese bleiben zumindest in der ersten Anmeldestufe etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Da die Preisstufen an Startplatzkontingente gekoppelt sind, werden sie sich je nach Nachfrage schrittweise erhöhen. Die Anmeldung startet am 11. November. Für den TAR kann man sich ab dem 2. Dezember anmelden.

Eine nicht unerhebliche Veränderung dürfte die Tatsache sein, dass viele UTMB World Series-Rennen einen gültigen „UTMB-Index“ in der entsprechenden Kategorie (z. B. 100K oder 100M) für eine Anmeldung fordern. Eine zusätzliche Hürde? Für die 100 Meilen Distanz des ZUT by UTMB ist ein 100K-Index gefordert. Für die restlichen Distanzen reicht in der ersten Anmeldephase ein gültiger Index. In einer zweiten Anmeldephase kann man sich auch ohne gültigen UTMB-Index anmelden.

Angst um den familiären Charakter

Inwieweit der organisch gewachsene und familiäre Charakter des ZUT und des TAR erhalten bleiben werden, bleibt abzuwarten. Höhere Startgelder und mehr Anreize für ein noch internationaleres Publikum werden die Zusammensetzung der Startfelder mit Sicherheit beeinflussen. Bleibt der ZUT ein Klassentreffen der deutschsprachigen Trailszene? Niemand kann es mit Gewissheit sagen. Bei den allermeisten Trailrunnern wird eine Ambivalenz vorherrschen. So auch bei Lars Schweizer, Trainer bei Two Peaks Endurance und ausgemachter Szenekenner:

„In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Auf der einen Seite freue ich mich, dass wir ein starkes Trailrennen in Deutschland bekommen werden, welches nun auch von der Weltspitze hoffentlich mehr Aufmerksamkeit erhält und Spitzenathleten aus der ganzen Welt nach Deutschland lockt. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch die Nachteile, die eine weitere Kommerzialisierung der Veranstaltungen mit sich bringt und sich damit weiter von der Trailszene entfremdet.“

Sponsoren haben einen starken Einfluss auf die Ästhetik und die Vermarktung eines Rennens. Salomon ist seit der Erstaustragung 2011 Hauptsponsor des ZUT.  Klar ist: In der Regel werden die Partner der UTMB World Series, wie Hoka, Naäk etc. auch Sponsoren jedes einzelnen Serien-Events. Eine Ausnahme bildet z.B. der Lavaredo Ultra Trail by UTMB, dessen Hauptsponsor nach wie vor La Sportiva ist. Ist der ZUT ohne Salomon denkbar?

„Wir haben mit der Entscheidung von PLAN B und UTMB zunächst nichts zu tun. Was ich sagen kann, ist, dass Salomon 2026 Titelsponsor des Events bleibt“, versichert Daniel Gassner, Sportsmarketing-Manager Running bei Salomon. „Was danach passiert, ist noch offen. Wir sind diesbezüglich im guten Austausch mit allen Beteiligten. Ich kann allen Trailrunnern versprechen, dass wir von Salomon auch im nächsten Jahr wieder alles dafür tun werden, um den ZUT erneut zu einem bunten, lauten und sportlich hochklassigen Trail-Wochenende zu machen.“

So bleibt es erst einmal beim aktuellen Namen „Salomon Zugspitz Utratrail powered by LED Lenser by UTMB“.

Inwieweit das Anhängsel „by UTMB“ den Charakter des Zugspitz Ultratrail verändern werden, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch: Veränderungen wird es geben. Beruhigend für alle Teilnehmenden ist, dass das Entscheidende unverändert bleibt: Dass sie eines können – nämlich Trailrunning-Events hochprofessionell aufsetzen –, haben sowohl die Plan B Event Company in der Vergangenheit als auch die UTMB Group in der Gegenwart mehrfach eindrucksvoll bewiesen.

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