Isa Fischer: Flavio, an eurer Wand in der Praxis sieht man unzählige Sportler auf unzähligen Gipfeln. Wer kommt zu euch in die Praxis?
Flavio Mannhardt: Das ist ganz gemischt. Es sind vor allem Bergsteiger, Höhenwanderer, Trekkingreisende. Von Leuten, die einen 8000er besteigen wollten bis zu jemanden, der sehr empfindlich ist und schon hier in den Alpen Probleme hat. Es gibt auch Berufe, wo man schnell in hohe Höhen muss. Wir bereiten auch Mediziner vor, die Auslandseinsätze haben. Profisportler, die damit Geld verdienen, trainieren hier wie auch Hobbysportler, die das Höhentraining ausprobieren wollen und versuchen, eine neue Bestzeit bei einem Halbmarathon aufzustellen. Auch der gesundheitliche Sektor ist mittlerweile groß. 2019 gab es sogar einen Nobelpreis für die Forschung, seitdem boomt das Thema.
Info: 2019 wurde der Medizin Nobelpreis an William G. Kaelin Jr., Sir Peter J. Ratcliffe und Gregg L. Semenza für ihre Erkenntnisse in der Hypoxie Forschung verliehen. (Hypoxie = verminderter Sauerstoffgehalt im Blut)
Meine Annahme war, dass ich so fit wie möglich sein muss, um nicht höhenkrank zu werden. Das war mein erster Aha-Moment, denn: Das ist nicht so.
Richtig. Man kann nicht pauschal sagen, dass fitte Menschen die Höhe automatisch gut vertragen. Vom aktuellen Forschungsstand geht man derzeit davon aus, dass Höhenverträglichkeit genetisch bedingt ist. Das ist der wichtigste Faktor, den man als erstes abklären sollte. Dafür gibt es den Höhenverträglichkeitstest. Fitness hat tatsächlich nur einen zweitrangigen Faktor. Die Tagesform, Wetter, die Luftdruckverhältnisse spielen auch eine wichtige Rolle.