„The Speedgoat“: Karl Meltzer, mein Lieblingstrailrunner

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In der Serie „Unsere Lieblingstrailrunner“ stellt ein Alles Laufbar-Teammitglied eine besondere Persönlichkeit aus unserem Sport vor, die ihn oder sie im besonderen Maße begeistert.

Ein Grund, warum ich Trailrunning und insbesondere Ultratrailrunning so liebe, ist die Bandbreite an interessanten Charakteren, die dieser Sport in aller Regelmäßigkeit hervorbringt. Oft individualistisch, unkonventionell, irgendwie anders. Das trifft in besonderem Maße auf Karl Meltzer zu, einem meiner Lieblingstrailrunner, den ich hier kurz vorstellen möchte.

Karl „Speedgoat“ Meltzer genießt Legenden- und Kultstatus in der US-amerikanischen Trailszene. Aber auch über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinaus, hat sich Meltzer einen Namen gemacht. Wenn der in die Jahre gekommene Ausspruch „alter Haudegen“ jemals auf irgendjemanden gepasst haben sollte, dann auf den Routinier Karl Meltzer.

Ein junger Karl Meltzer im Jahr 2012 mit einem frühen Hoka-Schuh. Alle Fotos dieses Artikels: Red Bull Content Pool

Niemand hat mehr Siege über die 100 Meilen-Distanz erlaufen als Karl Meltzer. Mittlerweile sind es über 50 (von aktuell 82 100 Meilen-Finishs). Darunter 5 Siege beim Hardrock 100. Bis heute gewinnt er 100 Meilen-Rennen. Ganz nach seinem Motto: „Du musst keine 20 sein, um einen 100er zu gewinnen.“

Darüber hinaus hat Meltzer 2016 eine Fastest Known Time auf dem prestigereichen Appalachian Trail aufgestellt und mit dem Speedgoat 50k ein eigenes Rennen ins Leben gerufen (welches er 2021 mutmaßlich gewinnbringend an die IRONMAN Group verkauft hat).

Heute ist sein Spitzname eine weltweit bekannte Marke. Ich meine, welcher andere Trailrunner hat einen eigenen nach ihm benannten Schuh? Ganz richtig, der Hoka Speedgoat, der wohl meist getragene Trailrunningschuh der Welt, ist zusammen mit Meltzer entwickelt und nach ihm benannt worden. „Es gibt den Air Jordan und es gibt den Speedgoat“, amüsiert sich der Namensgeber in einem Gespräch mit Mountain Outpost.

Karl, der Speedgoat, unter anderem der erste jemals von Hoka gesponserte Läufer und dazu Red Bull-Athlet, zählt damit zu den (noch) wenigen Elite-Trailrunnern, die es in ihrer Karriere zu einem gewissen finanziellen Wohlstand gebracht haben. Man kann sagen: Er war einer der ersten, der es verstanden hat, als Ultratrailläufer Geld zu verdienen.

Karl Meltzer auf seinen Hometrails in Utah im Jahr 2010. Alle Fotos dieses Artikels: Red Bull Content Pool

Trotzdem: Er sei ein einfach-gestrickter Typ, sagt Karl Meltzer gerne. Jemand, dem vieles durch glückliche Umstände zugefallen sei. Er erscheint bescheiden und demütig, ohne seine Erfolge klein zureden.

Auf Karl Meltzer aufmerksam geworden bin über den Podcast „Talk Ultra“. Dort hat er an der Seite von Ian Corless als Co-Host aktuelle Ereignisse des Sports besprochen und kommentiert. Die nonchalante, so klischeehaft-amerikanische Lässigkeit, der spröde, staubtrockene Humor, die Fähigkeit, kluge Merksätze, einprägsame Postersprüche und pfiffige Bonmots zu entwickeln hat es mir angetan. Zum Beispiel stammt mein Lieblingsmantra, das ich mir schon oft am Ende eines langen Ultras aufgesagt habe, vom Speedgoat: „A slow jog is better than no jog“.

Weitere Lauf-Weisheiten des Karl Meltzer lauten:

  • Distanz? „100 Meilen sind nicht so weit.“
  • Training? „Meistens gehe ich jeden Tag vor die Tür. Bis ich zu müde bin. Dann nehme ich einen Tag frei.“
  • Tempo? „Um ehrlich zu sein, muss man für einen bergigen 100 Meiler gar kein Tempotraining machen. Das meiste von dem, was wir da machen, hat nichts mit Geschwindigkeit zu tun.“
  • Wettkampfernährung? “Keep it simple. Alle 24 Minuten ein Gel. Fertig.“

Karl Meltzer 2016 auf dem Appalacian Trail. Alle Fotos dieses Artikels: Red Bull Content Pool

Dank dieser stoischen Ess-Methode soll Meltzer es geschafft haben, ganze 65 Gels während eines Ultras verdrückt zu haben. Der Speedgoat mag es einfach und übersichtlich. Ganz nach dem Motto: Rein damit und weiter. Er ist außerdem bekannt dafür, seine Aufenthaltszeit an VP’s maximal effizient zu gestalten. Sich in einen Stuhl setzen und mit seiner Crew palavern? Nicht für Karl Meltzer. Neben dem Laufen sei es vor allem die Effizienz an den VP’s, die über eine schnelle oder langsame Zielzeit entscheidet, ist die in Utah lebende Trailrunning-Ikone überzeugt.

Ich wünsche mir manchmal mehr wie Karl Metzler zu laufen und etwas mehr Speedgoat in meinem Denken zuzulassen. Der mittlerweile 57-Jährige mag zwar stur, in seinen Trainingsmethoden konservativ und so verdammt Oldschool zu sein, aber dieser unverkopfte, pragmatische und aufs Wesentliche reduzierte Ansatz, unseren Sport zu betreiben, trifft einen Nerv.

Er verkörpert einen Typus Trailrunner, den es meinem Eindruck nach immer seltener anzutreffen gibt. Jemand wie Meltzer pfeift auf Social Media. Ihm sind Hypes und Trends suspekt. Er läuft, weil er es liebt. Nicht mehr, nicht weniger.

Aus all diesen Gründen ist Karl „Speedgoat“ Meltzer einer meiner Lieblingstrailrunner.

Karl Meltzer im Jahr 2016. Alle Fotos dieses Artikels: Red Bull Content Pool

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