„Ich möchte aussteigen“, sage ich dem ersten Freiwilligen, den ich mit meinen müden Augen außerhalb einer malerisch gelegenen Berghütte, die als Verpflegungsstation dient, zu Gesicht bekomme. „I want to quit“, wiederhole ich. Dieses Mal etwas bestimmter und in einer Sprache, die er auch verstehen kann. Der slowenische Freiwillige, ein älterer Herr, groß gewachsen, grauer Schnurrbart, Hirtenhut, schaut mich fragend an. So als ob er nicht wüsste, dass dies Kilometer 88 eines Ultra Trails ist und es Trailrunner geben soll, die daran zu denken wagen, nicht die kompletten 120 Kilometer zu Ende zu laufen. „Quit? Not here. In Dovje“, antwortet er mir schließlich. „In Dovje? Where is Dovje?“, frage ich zurück. „Next aid station. 15 Kilometres“, antwortet der ältere Herr.
Mein Fokus verlässt den Augenkontakt meines Gegenübers, schweift nach rechts, dorthin, wo der Trail weitergehen wird. Ich sehe kleine Figuren in der Ferne. Es wird plötzlich ganz still. Ich spüre, wie ich zusammensacken möchte, einfach umfallen, innerlich implodieren. Meine Vorfreude auf den Moment des Aussteigens, das DNF, die Erlösung: zerplatzt. Ich bin verdammt dazu weiterzumachen. Wie in einem Albtraum, aus den man nicht aufwachen kann. Bin ich ein Darsteller in der Horrorfilmreihe „Nightmare on Elm Street“, in dem den bemitleidenswerten Hauptcharakteren genau das passiert? Der Freiwillige scheint mich zu beobachten, so als ob noch etwas offengeblieben wäre, als gäbe es noch wichtige, bislang unverrichtete Dinge zu erledigen. Er durchbricht das Schweigen mit einer ernst gemeinten Frage, die gleichzeitig vor Galgenhumor strotzt und die aus einem einzigen Wort besteht. Einem Wort, dessen Verwendung in dieser Situation bereits signalisiert, dass es hier nichts zu diskutieren gibt. „Cola?“