Nora Schief – ultrajunge Läuferin erobert ultralange Distanzen

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Nora Schief ist 20 Jahre jung. Anfang Mai finisht sie in Innsbruck ihren sechsten Trail-Hunderter. Wir haben Nora in ihrer Wahlheimat Innsbruck getroffen und versucht herauszufinden, warum der Dynafit-Athletin das gelingt, wofür andere viele Jahrzehnte Erfahrung brauchen.

Der YouTube-Livestream des Innsbruck Alpine läuft schon seit einigen Stunden, als es noch einmal spannend wird. Wir sehen eine junge Läuferin, wie sie die endlos erscheinende Gerade am Innsbrucker Rennweg entlang sprintet. Nach 108 von 109 Kilometern geht es um Sekunden. Schon seit einigen Kilometern ist die 33-jährige Marta Venta der 13 Jahre jüngeren Nora Schief auf den Fersen. Wer holt sich hier Platz zwei? Nora kann Zielsprints nicht ausstehen, beichtete sie wenige Tage zuvor noch ihrem Trainer – wahrscheinlich auch ein Grund, warum sie Ultratrails läuft. Doch Nora kämpft. Unterstützt von ihrer Familie und Freunden, die neben ihr herlaufen und sie regelrecht anbrüllen, holt sie alles aus den müden Beinen heraus – und rettet den Vorsprung ins Ziel. Ihren sechsten 100-Kilometer-Ultratrail beendet sie auf Rang zwei.

Nora Schief auf ihren Haustrails in Innsbruck

Abitur in Wurmlingen und Ultratrail an der Zugspitze

Einige Tage zuvor: Ich treffe Nora bei ihr zu Hause. Im Innsbrucker Stadtteil Hötting, direkt am Fuße der Nordkette, wohnt die 20-Jährige in einer Studenten-WG. Wir sind zum Laufen verabredet. Ich bin etwas nervös. Vor elf Jahren bin ich selbst nach Innsbruck gezogen, um zu studieren und auf Berge zu laufen. Normalerweise führe ich Interviews mit Trailrunnern, die den Sport in der gleichen Zeit haben wachsen sehen wie ich. Nora aber ist eine komplett andere Generation. Wahrscheinlich kennt sie weder Anton Krupicka noch Anna Frost. Ich denke darüber nach, wie ich mit 20 drauf war, mit welchen Problemen ich damals konfrontiert war. Umso mehr erstaunt mich, mit welcher Klarheit und ja, auch mit welcher Selbstsicherheit Nora ihren frühen Weg geht. Und damit meine ich keine zur Schau gestellte Selbstsicherheit – nein, Nora ist von Grund auf eher bescheidener Natur. Aber natürlich liegt meine erste Frage an die junge Ultraläuferin auf der Hand: Wie kommt man auf die Schnapsidee, sich als 18-jährige Abiturientin aus Wurmlingen bei Stuttgart für die 100 Kilometer beim Zugspitz Ultratrail anzumelden? Genau das war nämlich im Jahr 2023 ihr erstes Trailrennen.

Erste Lauferfahrungen sammelt Nora in ihrem Auslandsjahr in Kanada. Mit ihrer Gastschwester geht sie regelmäßig auf MTB-Trails laufen, weil während Corona der High-School-Sport gestrichen wurde. Zurück in Deutschland fängt sie wieder mit Handball an – ein Sport, den sie schon seit ihrer frühen Jugend betrieben hat. Schnell merkt sie jedoch, dass ihr das Laufen mehr Spaß macht. „Ich habe dann meinen Papa gefragt, ob er Lust hat, mit mir auf einen Marathon zu trainieren. Nachdem wir uns angemeldet hatten, sind wir dreimal die Woche um fünf Uhr morgens aufgestanden und vor der Schule bzw. der Arbeit laufen gegangen. Immer so lange, dass wir am Ende der Woche 42 Kilometer voll hatten.“ Gemeinsam mit ihrem Papa läuft sie 2022 den Drei-Länder-Marathon in Bregenz. Doch damit ist die Lauflust noch nicht gestillt. Der Vater einer guten Freundin, mit der Nora damals öfter laufen geht, ist Ultraläufer. Von ihm inspiriert, beschließen die beiden jungen Läuferinnen, sich zum Zugspitz Ultratrail anzumelden und gemeinsam dafür zu trainieren. „Damals dachte ich: Wenn man Trailläufer sein will, muss man automatisch auch Ultraläufer sein“, berichtet Nora. Dass sich ihre Freundin am Fuß verletzt und ihre Teilnahme absagen muss, ist für Nora kein Grund, auch ihren Start infrage zu stellen. Auch wenn ihr erklärtes Ziel erst einmal nur Ankommen war, ist es erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit und welchem Zutrauen sich Nora dieser Challenge stellt. „Ich weiß, dass ich das schaffen kann, wenn ich will. Ich kenne meinen Körper und ich möchte selber erfahren, wie sich Grenzen bei mir anfühlen.“, sagt die damalige Ultratrail-Novizin.

" Ich möchte selber erfahren, wie sich Grenzen bei mir anfühlen. "

Kopfarbeit einer 20-Jährigen

Woher kommt dieses Vertrauen? Nora selbst betont immer wieder, dass es ihr Umfeld ist, das sie in ihren Vorhaben entscheidend bestärkt. Da wäre zum Beispiel ihre Familie. Nora hat drei Geschwister und sehr sportbegeisterte Eltern. Lange Wanderungen oder Radtouren sind Erlebnisse, die schon früh im Familienverbund geteilt werden. Hier lernt Nora, herausfordernde Situationen zu meistern bzw. nicht gleich aufzugeben: „Unsere Eltern haben uns nie Druck gemacht oder uns gezwungen, irgendetwas durchzuziehen. Aber wenn wir uns etwas vorgenommen hatten, haben meine Eltern uns immer unterstützt. Wir haben dann versucht, gemeinsam eine Lösung zu finden, um eine gute Erfahrung aus dem Erlebnis zu ziehen.“
Eine prägende Einstellung, die Nora auf ihre späteren Ultratrail-Erfahrungen übertragen hat: „Klar denkt man während eines so langen Laufs manchmal ans Aufgeben. Aber ich frage mich immer: Habe ich gerade wirklich ein ernsthaftes Problem? Und wird dieses Problem besser, wenn ich aufhöre – oder schaffe ich mir dann eventuell nur ein neues Problem? Wenn ich mal DNFe – was mit Sicherheit irgendwann passieren wird – werde ich wahrscheinlich richtig viel Kopfarbeit leisten müssen, um diese Angst vor dem erneuten Aufhören zu überwinden.“

Zurück zum Zugspitz Ultratrail. Natürlich muss auch Nora bei ihrem ersten Ultratrail mentale Hindernisse überwinden. Nach der Hälfte der Strecke wird sie vom Medical Team beiseite genommen. Nora wundert sich, weil es ihr eigentlich gut geht. Die Verantwortlichen überreichen der 18-Jährigen allerdings nur einen Tracker – schließlich ist sie siebte Frau. Nora gesteht: „Das hat mich total fertig gemacht. Die können mir doch jetzt keinen Tracker geben – bei meinem ersten Rennen! Ich habe erstmal meinen Papa angerufen: ‚Papa, die haben mir einen Tracker gegeben, ich weiß nicht, was ich tun soll.‘“ An der VP vor dem letzten Anstieg wartet der Papa dann persönlich auf Nora und kann der jungen Läuferin, die sich nun sowohl körperlich als auch nervlich am Limit bewegt, erneut gut zureden. Und so finisht Nora ihren ersten Traillauf – nach 100 Kilometern, 18 Stunden und 21 Minuten. „Von da an wollte ich Teil der Trailszene sein. Was mich an dieser am meisten begeistert hat, war diese Lust, sich zu challengen und gleichzeitig Spaß zu haben. Und…“ – fügt sie hinzu: „…dass alle so bescheiden sind.“

Die Bergsportbegeisterte

Gerade frisch das Abi und das Finish eines alpinen 100ers in der Tasche, schaut sich Nora nach Studienmöglichkeiten um. In die Berge soll es gehen – na klar. „Eigentlich wollte ich nicht nach Innsbruck, weil dort alle hin wollten“, beichtet die Wirtschafts- & Management-Studentin, die am Ende doch in der Alpenmetropole am Inn landet. Doch wer glaubt, dass Nora fortan nur noch stur die Nordkette hoch und runter läuft, der irrt. Das sportliche Repertoire der Bergliebhaberin ist immens: Klettern, Skitouren, Radfahren – so viel Bewegungsdrang artet an einem Ort wie Innsbruck schnell in Freizeitstress aus. „Von allen Sportarten, die ich so mache, ist das Laufen als letztes hinzugekommen. Am Laufen begeistert mich vor allem das Pure. Ich kann in den Bergen sein und brauche nur meine Trailschuhe“, erklärt Nora. Ob Laufen nun ihre Sportart Nummer eins sei, will ich wissen? Sie zögert kurz, sagt dann aber ja. Der Grund für das Zögern: „Ich gehe auch super gern Skitouren – oder vor Kurzem war ich im Sardinien-Urlaub und bin viel geklettert.“ Nora hat noch viele Ideen: Es wäre doch cool, einige Hochtouren-Fastest-Known-Times aufzustellen und in diesem Rahmen das Laufen und das Klettern zu verbinden.

© Cedric Rollinger

 Noras Pfad auf den Trail war kein klassischer: Nicht das Laufen hat sie zum Berg gebracht, sondern die Freude an Frischluft und Berg zum Laufen. Es ist schön zu beobachten, mit welcher unerzwungenen Begeisterung Nora ihren Sport betreibt. Allerdings gibt es seit Kurzem auch Verpflichtungen in ihrem Sportlerleben. Seit ein paar Monaten hat sie einen Trainer – und seit diesem Jahr mit Dynafit einen Ausrüstungssponsor.  Nora ist ausgesprochen dankbar für diese Chance, hat aber auch hier für ihr Alter eine ausgesprochen gesunde Grundhaltung mit der neuen Drucksituation umzugehen : „Klar erzeugt ein Sponsoring eine Verantwortung und natürlich gebe ich mein Bestes. Aber ich sage mir immer wieder: Was soll schlimmstenfalls passieren?” Vor allem die langfristige Ausrichtung des Vertragsangebots überzeugt sie, der Marke Dynafit ihr Vertrauen zu schenken.

Frei vor sich hinlaufen

Nach knapp elf Kilometern und 500 Höhenmetern, vorbei an der Rauschbrunnen-Alm, laufen Nora und ich wieder in Hötting – diesem am Hang gelegenen Innsbrucker Stadtteil – ein. Vier Tage noch bis zum Renntag. Ich muss sie noch ein wenig kitzeln. Schließlich ist der K110 beim IATF mittlerweile ihr achter Ultratrail. Nur ums Ankommen wie vor zwei Jahren beim ZUT wird es nun ja wohl nicht mehr gehen, oder? „Eigentlich schaue ich nicht auf die Konkurrenz. Ich gebe mein Bestes und laufe an dem Tag eh so schnell, wie ich halt laufen kann. Wenn ich mich dann vor oder bei dem Rennen verkopfe und gucke, was andere machen, dann stresst mich das nur im negativen Sinne.“ Wahrscheinlich gehört diese Selbstfokussierung zu Noras größten Stärken. Was andere Läuferinnen machen, blendet sie aus. „Klar, wenn mich jemand einholt, bekomme ich schon diesen kompetitiven Gedanken. Aber eigentlich mag ich ihn nicht so gern, weil ich dann nicht mehr so frei vor mich hinlaufen kann.“

Zu diesem Zeitpunkt weiß Nora noch nicht, dass sie vier Tage später 100 Meter vor dem Ziel hektisch über die Schulter schauen wird – und die letzten Reserven mobilisiert, um Platz zwei zu sichern. „Am Ende war es richtig aufregend und mega spannend. Ich glaube, ich würde es freiwillig nicht nochmal machen, aber es war trotzdem eine sehr coole Erfahrung“, erzählt mir Nora nach dem Rennen per Sprachnachricht. Der Beweis, dass die junge Dynafit-Athletin, wenn es drauf ankommt, auch racen kann, wäre damit erbracht. Das „frei vor sich hinlaufen“ wird ihr deswegen aber mit Sicherheit nicht abhandenkommen. Gut so!

© Adventure Bakery / Philipp Reiter

#SPEEDUP in den Feierabend mit DYNAFIT Trail2Gether!

Sechs Stopps in Deutschland Österreich
> Pre-Run Coffee
Trailrun mit dem DYNAFIT-Team (jedes Niveau)
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> Individuelles Rahmenprogramm mit Workshops und Specialguests

Folgende Locations dürfen sich über ein einzigartiges DYNAFIT Trail2Gether Event freuen:

  • Donnerstag, 15. Mai – Rad + Sport Schneider, Traunstein (DE)

  • Donnerstag, 5. Juni – Dresdner Laufsportladen, Dresden (DE)

  • Donnerstag, 12. Juni – Sport Streicher, Timelkam (AT)

  • Dienstag, 17. Juni – DNA Trails, Innsbruck (AT)

  • Dienstag, 24. Juni – Sport Gatt, Ellmau (AT)

  • Donnerstag, 3. Juli – T+M Sport, Blaichach (DE)

Treffe Nora persönlich beim Trail2Gether in Innsbruck!

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