Kompromisslos, unerbittlich, gierig, missgünstig, rücksichtslos. Was wir im Freundeskreis als schlechte Charaktereigenschaften verurteilen, feiern wir im Leistungssport: Denn all die im Sozialen negativ konnotierten Eigenschaften wirken stark erfolgsfördernd. Im Sport findet man nur andere Worte für vermeintlich asoziales Verhalten: Statt von Rücksichtslosigkeit zu sprechen, lobpreisen wir auf einmal den Fokus eines Sportlers, Unnachgiebigkeit wird zu Durchhaltevermögen, Geltungssucht und Gier zu Ehrgeiz.
Hier findet ein moralisches Reframing statt, in der Wortwahl wie in der Bewertung, das schlechte Charaktereigenschaften im sportlichen Kontext rechtfertigt, oder? Schauen wir genauer auf unser Verhalten als Trailrunner.
Für unser ausdauerndes Hobby gibt es in unserer Leistungsgesellschaft Respekt und zwar nicht nur in Form von Kudos in der Strava-Bubble. Diese Lobpreisungen machen mindestens unterbewusst etwas mit uns. Sie bedeuten kulturelles Kapital, so können wir uns von Nicht- oder Wenigläufern positiv abgrenzen. Davon wollen wir MEHR. Gierig legen wir immer neues Holz in die Glut der begrenzt glimmenden Güter Aufmerksamkeit und Anerkennung.
Sind wir mal ehrlich: Warum sonst teilt man jeden Erfolg direkt über Strava, Instagram, LinkedIn, in Gesprächen und auf Facebook? Wer von euch hat schon einmal einen 100er gefinisht und NIEMANDEM davon erzählt? Ich jedenfalls nicht. Danke für die zahlreichen Kudos und Likes by the way.