Zahlen und Storylines von Rennsteiglauf, GTWS und Trail Alsace Grand Est

Immer montags präsentieren wir euch die Zahlen des vergangenen Wettkampfwochenendes. Hinter jeder Zahl verbirgt sich eine kleine Geschichte, die interessant, spannend, lustig oder einfach nur informativ ist. An diesem Wochenende schauen wir zum Rennsteiglauf, zum GTWS Rennen in Noli und zum Trail Alsace Grand Est by UTMB

SIEBEN Minuten nach SIEBEN Jahren

Der Rennsteiglauf ist der Heimat- und Herzenslauf von Daniela Oemus. Vor 13 Jahren stand die in der Nähe von Jena beheimatete Läuferin hier zum ersten Mal an der Startlinie – damals noch über die Halbmarathondistanz. 2016 wagte sie sich erstmals an den Supermarathon – und gewann direkt in Streckenrekordzeit. Im Folgejahr startete sie über die Marathondistanz, nur um 2018 erneut auf der Ultra-Distanz anzugreifen – und abermals Streckenrekord zu laufen. Die 5:50 Stunden blieben seitdem unangetastet.

Es gibt wohl nur wenige Rennen, für die Daniela den Rennsteig sausen lassen würde. Eines davon war in den vergangenen Jahren immer wieder Zegama – wo sie 2023 mit ihrem Sieg den bislang größten Erfolg ihrer Karriere feierte.

In diesem Jahr aber kehrte sie zurück. Zurück auf den Eisenacher Marktplatz, zum Start des Rennsteiglauf-Supermarathons – des mit 15.000 Teilnehmenden größten Landschaftslaufs Deutschlands. Landschaftslauf, Crosslauf oder doch Ultratrail? Der Rennsteiglauf sprengt die gängigen Grenzen unseres Sports. Und Grenzen sprengen – das war auch Danielas Ziel: Ihr eigener Streckenrekord sollte fallen.

Gesagt, getan: Sieben Jahre nach ihrem letzten Start läuft sie genau sieben Minuten schneller als ihr sieben Jahre jüngeres Ich. 5:43.23! Ein Streckenrekord mit Ansage. Und doch scheint noch Luft nach oben zu sein:

„Ich hatte ein paar muskuläre Probleme, weil ich in der Vergangenheit sehr höhenmeterlastig trainiert habe – all meine anderen Wettkämpfe finden ja in den Alpen statt. Hier aber muss man sehr viel rennen“, äußerte sich die Trailrunnerin im Zielinterview.

Daniela wird wohl wiederkommen zum Rennsteig. Na klar. Aber wird sie auch ein drittes Mal ihren eigenen Rekord brechen? Es ist wohl davon auszugehen.

Platz zwei und drei beim Supermarathon sicherten sich Kristin Hempel und Joanna Tallmann.

Bei den Männern war der Rennverlauf spannender als bei den Damen. Wie Daniela ist auch Frank Merrbach ein Serientäter auf dem Rennsteig. Nach seinem dritten Platz im vergangenen Jahr spielte er diesmal seine ganze Erfahrung und Routine aus.

Bis Kilometer 60 führte noch Jens Nerkamp. Der Straßenläufer mit einer 10-km-Bestzeit von 29:20 Minuten wagte sich erstmals an die Ultramarathondistanz. Auf den letzten zehn Kilometern wurde er zunächst von Titelverteidiger Marcel Bräutigam und schließlich vom noch schneller heraneilenden, späteren Sieger Frank Merrbach überholt.

© Tobias Oemus

ZEHN Meter vor dem Ziel

Am Ende trennen sie genau 1 Sekunde. Cesare Maestri und Michael Saoli kommen auf Platz 4 und 5 liegend zeitgleich in die letzte Kurve vor der Ziellinie des Il Golfo dell’Isola Trail, dem dritten Stopp der diesjährigen Golden Trail World Series (GTWS). Ein Instagram-Reel zeigt die entscheidende Szene in der 90-Grad-Kurve, die ungewöhnlich nah vor der Ziellinie platziert wurde. Michael Saoli aus Kenia, außen laufend, scheint überrascht, verliert Momentum und muss zusehen, dass er nicht ins Absperrgitter bzw. den dort stehenden Ordner läuft. Ein möglicher Grund hierfür ist die künstliche Verengung des Bereichs durch einen Streckenposten, der die ankommenden Läufer mutmaßlich in die richtigen Zielkorridore leiten soll.

Der Italiener Cesare Maestri macht es besser. Wusste er, was auf ihn zukommt? Er läuft auf der Innenseite der Kurve, hält sich kurz mit der Hand am Absperrgitter fest und katapultiert sich im hohen Tempo in Richtung Ziel – Platz 4 für ihn!

Unter dem Reel gab es einige kritische Anmerkungen zur Gestaltung des Zieleinlaufs. Der US-amerikanische Trailrunner Andy Wacker schreibt: „Das sieht nach einem schlecht gestalteten Finish aus. Eine Kurve etwa 10 Meter vor dem Ziel erscheint albern. Es ist erstaunlich, wie knapp diese Rennen ausgehen.“ Sollten Veranstalter, angesichts der bei der GTWS üblichen knappen Entscheidungen, den Zieleinlauf länger, breiter und sprinttauglicher gestalten? Es wäre jedenfalls spannend gewesen zu sehen, wie der Sprint um Platz 4 ausgegangen wäre. Ansonsten gilt das Gesetz des Bahnlaufs ab jetzt auch im Trailrunning: Wer auf der Innenbahn läuft, ist klar im Vorteil.

Gewonnen haben das Rennen Madalina Florea (Scott Running) und Philemon Kiriago (Run2gether On Trail), die damit jeweils die Führung im Gesamtranking der Serie übernehmen.

Auf Platz EINS nach EINHUNDERTELF Kilometern

Vier mal die Eins: Nach 111 Kilometern läuft Lena Laukner beim Trail Alsace Grand Est by UTMB auf Platz 1 über die Ziellinie. Doch nicht nur das: Eine weitere Zahl beeindruckt. In der Gesamtwertung wird sie Sechste – nur fünf Männer waren schneller.

Noch vor zwei Wochen stand die The North Face-Athletin, die ursprünglich aus Dresden stammt, beim Innsbruck Alpine Trailrun Festival über ebenfalls 100 Kilometer am Start. Nach einem unglücklichen DNF musste jedoch schnell ein Ersatzrennen her. In den Vogesen zeigt Lena nun ihre beeindruckende Form.

Der Trail Alsace war zwar, im Gegensatz zum IATF, kein offizieller Sichtungslauf des DLV, dennoch macht Lena klar: Nach ihrer WM-Teilnahme beim Short Trail 2023 in Innsbruck muss man sie dieses mal über Long-Trail-Distanz durchaus auf dem Zettel weit oben haben. Der DLV wird es nicht leicht haben, seinen Kader für die Berg- und Traillauf-WM im September zu benennen. Denn eines steht fest: An international stark auflaufenden und interessierten Läuferinnen mangelt es diesmal nicht.

Mit Sicherheit spielt auch die grenznahe Lage eine Rolle – auf jeden Fall ist der Trail Alsace Grand Est by UTMB ein beliebtes Pflaster, oder besser gesagt: ein beliebtes Trail-Geläuf für deutsche Topathletinnen und -athleten.

Auf der stark besetzten 50-Kilometer-Distanz wird Laura Hampel Zweite. Der amtierende Ultratrail-Weltmeister Benjamin Roubiol siegt bei den Männern.

Über die 100 Meilen läuft Routinier Markus Meinke auf einen superstarken dritten Platz. Schon im Vorjahr war er hier Zweiter gewesen – umso beeindruckender, denn einen großen Erfolg zu wiederholen, ist bekanntlich besonders herausfordernd.

Matthias Krah hat einen harten Tag, kämpft sich aber ebenfalls stark auf Rang vier ins Ziel.

Über die 111 Kilometer läuft Nils Schallner auf Platz vier, über die 30 Kilometer wird Flo Winker Dritter. Sie komplettieren damit eine insgesamt starke deutsche Bilanz beim UTMB-World-Series-Rennen in den Vogesen.

Lena Laukner auf dem Weg zum Sieg mit Vorsprung über 111 Kilometer © UTMB

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