Es war das Triell des Frühjahrs. Die drei vergangenen UTMB-Sieger trafen sich erstmals beim Chianti by UTMB an einer Startlinie. In unserer Instagram-Umfrage vor dem Rennen sprachen sich 55 % der Teilnehmenden für Kilian Jornet als Sieger aus. 34 % sahen Jim Walmsley vorn, und nur jeweils 6 % trauten dem amtierenden UTMB-Sieger Vincent Bouillard oder dem Italiener Andreas Reiterer den Sieg zu.
Letztendlich wurde der erwartete packende Fight zu einer relativ klaren Angelegenheit. Walmsley siegte souverän, blieb als einziger Teilnehmer unter zehn Stunden und distanzierte Kilian und Vincent um knapp eine halbe Stunde. Zwischen den beiden Letztgenannten entwickelte sich jedoch noch ein spannender Zweikampf.
Im letzten Abschnitt des Rennens attackierte der Franzose immer wieder, um den angeschlagenen Kilian Jornet – der Katalane kämpfte mit muskulären Problemen am äußeren Oberschenkel – abzuhängen. Doch dieser spielte seine ganze Routine aus, blieb dran und setzte am letzten Anstieg hinauf in die kleine Stadt Radda in Chianti zum Gegenschlag an. So sicherte er sich letztlich Platz zwei. Da Jim bereits versorgt war, erhielten sowohl Kilian als auch Vincent ein Golden Ticket für den Western States. Kilian, der schon wenige Minuten nach dem Zieleinlauf wieder nach Norwegen abreiste, machte keinen Hehl daraus, dass das Goldene Ticket an diesem Tag sein einziges Ziel gewesen war.
Bleibt nur noch eine einzige Frage offen: Was wollte uns Jim Walmsley mit seiner kurzen Handgeste im Ziel sagen? Ein Finger der rechten Hand nach oben gestreckt, drei Finger der linken Hand nach unten – war das eine Bestellung in der ortsansässigen Trattoria: eine Portion Pasta und drei Gläser Chianti? Oder symbolisierte der nach oben gestreckte Finger ihn selbst und die drei nach unten gerichteten Finger seine drei Konkurrenten Jornet, Bouillard und Reiterer?
Da Walmsley weder für übermäßigen Alkoholkonsum noch für Respektlosigkeit bekannt ist, tippen wir auf eine dritte Variante: Auch wenn der Chianti by UTMB ein großes Spektakel zwischen den weltbesten Ultraläufern war, war es auf der anderen Seite doch nur eines – ein Qualifikationsrennen für den eigentlichen Big Dance, den Western States 100.
Schaut Walmsley bereits in Richtung Juni und will uns mit seiner Geste seine Zielzeit prognostizieren? Sollte eine 13 vorne stehen, wäre das nicht nur ein neuer Streckenrekord, sondern auch der Durchbruch einer weiteren Schallmauer – der VIERZEHN-Stunden-Marke. Der aktuelle Streckenrekord, aufgestellt von Walmsley selbst, liegt bei 14 Stunden und 9 Minuten. Jornet und Bouillard sollten sich diese Geste also noch einmal genau anschauen und gut überlegen, ob sie beim Western States das Anfangstempo des US-Läufers mitgehen wollen.