Ich laufe durch das wunderschöne Thüringen, dem Stadtrand entgegen. Die Zivilisation rückt näher, und mit ihr auch die nächste Pause am Bordstein vor einem Supermarkt. Wer denkt, das sei eine Qual, irrt sich – für mich ist es genau das, was ich liebe. Die kurze Rast, das Beobachten der vorbeiziehenden Menschen, das Gefühl, für einen Moment stillzustehen, bevor es weitergeht.
Kurz bevor ich den Supermarkt im Ortskern erreiche, bleibe ich vor einer offenen Garage stehen. Ein älterer Mann sitzt auf einem Plastikstuhl, das eingefallene Gesicht von Rauch umhüllt. An der Wand hängt ein Plakat der AfD, darauf Alice Weidel. Die Szene fesselt mich. Wer ist dieser Mann? Was denkt er? Ich spreche ihn an: „Was verbindet uns hier in Deutschland?“ Er schaut mich an, zögert, nimmt die Zigarette aus dem Mund. „Hier kennt jeder jeden. Ich habe meinen Schrebergarten. So wie es ist, ist es gut.“
Ich erzähle ihm von meiner Reise. Er hört zu, skeptisch, fast ungläubig, doch er lässt mich ziehen. Ein paar Minuten später rollt sein Auto an mir vorbei, er hält an, kurbelt das Fenster herunter, greift auf den Beifahrersitz und hält mir eine massive Wurst hin. „Hier, für unterwegs. Hol dir noch ein Brötchen.“ Er lacht, ich nehme die Wurst entgegen. Ein Moment, der bleibt.
Wer hätte gedacht, dass ich ausgerechnet hier, an diesem unscheinbaren Ort, eine so herzliche Begegnung haben würde? Gerade mit jemandem, dessen politische Ansichten so weit von meinen entfernt sind. Doch genau solche Momente suche ich. Weil sie authentisch sind. Weil sie mir zeigen, dass Begegnungen jenseits von Parolen und Schlagzeilen stattfinden. Mensch zu Mensch.