Zahlen und Storylines vom Grossglockner Ultra-Trail, Schnalstal Alpine Trail und Walser Ultra Trail

Immer montags präsentieren wir euch die Zahlen des vergangenen Wettkampfwochenendes. Hinter jeder Zahl verbirgt sich eine kleine Geschichte, die interessant, spannend, lustig oder einfach nur informativ ist. An diesem Wochenende schauen wir auf den Grossglockner Ultra-Trail, den Schnalstal Alpine Trail und den Walser Ultra Trail.

Rennabbruch nach 7 Kilometern

Das Orga-Team rund um Gründer und scheidenden Veranstalter Hubert Resch hatte sich das 10-jährige Jubiläum des Grossglockner Ultra-Trail (GGUT) sicherlich anders vorgestellt. Während die 37 km-Distanz am Freitag noch problemlos durchgeführt werden konnte, wurden die restlichen drei Distanzen (57 km, 84 km, 110 km) aufgrund des nassen, kalten und besonders in höheren Lagen stürmischen Wetters ganz oder teilweise abgebrochen – das, obwohl die Veranstalter präventiv die abgeänderten Schlechtwettervarianten der Routen aktiviert hatten.

Den Weissee Gletscherwelt Trail (37 km / 1500 hm) konnte Hans-Peter Innerhofer, der in der unmittelbaren Region des GGUTs lebt, in 3:26 Stunden gewinnen. Wir haben mit Hans-Peter im Anschluss gesprochen. Er berichtete von schwierigen Bedingungen aufgrund von Matsch und Nässe. Sein Fokus liegt jetzt voll und ganz auf den OCC in Chamonix. Die Norwegerin Mari Wetterhus, die ursprünglich vom Biathlon kommt und seit 2023 auch erfolgreich im Trailrunning unterwegs ist, gewinnt die 37 km in 4:10 Stunden.

Während es bei den beiden mittleren Distanzen aufgrund der Rennabbrüche keine Finisher gibt, haben es auf der langen 100er-Strecke immerhin acht Läufer/innen geschafft – sie waren alle bereits am Glocknerhaus vorbei, das als Grenzpunkt definiert wurde. Alle, die die VP zum Zeitpunkt der Abbruchentscheidung passiert hatten, durften ins Ziel laufen. Für alle anderen war an diesem Punkt Schluss – auch für die bis dato führende Frau Miria Meinheit. Die beiden lange Zeit im Duo laufenden Männer, Florian Grasel und Mathias Deutschbauer, überquerten gemeinsam in 13:54 Stunden die Ziellinie. Grasel im Anschluss zu den Bedingungen: „Grenzwertig“.

Die Läuferinnen und Läufer auf der 57 km wurden bereits nach etwa einer Stunde Rennzeit (oder für die meisten: 7 Kilometer) zum Startpunkt zurückgeschickt. Im Anschluss wurde auf Instagram die Frage aufgeworfen, warum man die rund 600 Trailrunner überhaupt erst starten ließ. Unserer Beobachtung zufolge – wir haben mit einigen Beteiligten gesprochen und waren selbst vor Ort – scheint es so gewesen zu sein, dass sich die Situation rund um die Glorer Hütte (auf 2642 Metern Höhe) erst nach dem Start der 57 km-Distanz derart zugespitzt hat, dass sich die anwesende Bergrettung nicht mehr in der Lage sah, die Rettungskette im Notfall zu gewährleisten. Es gab bereits mehrere Fälle von unterkühlten Teilnehmern, um die sich in der räumlich begrenzten Fläche der Hütte gekümmert werden musste. Ein großer Ansturm von Läufern, die sich dringend in der Hütte aufwärmen hätten müssen, hätte die Kapazitäten vor Ort gesprengt. An Rettungen per Hubschrauber war bei diesen Bedingungen nicht zu denken. Eine unberechenbare Situation, die niemand verantworten wollte. Dass die Veranstalter diese Entscheidung nicht leicht gemacht haben, lässt sich auch im Nachhinein in einem emotionalen Interview im Livestream verfolgen.

© Harald Wisthaler

Event-Debüt auf 3215 Metern

5.300 Jahre lag die Mumie vom Similaun unter dem Eis begraben. Am 19.09.1991 wurde die gut erhaltene Leiche des Urzeit-Alpinisten – besser bekannt unter dem Namen „Ötzi“ – gefunden. Freigegeben vom Gletscher, entdeckte man sie genau auf der Grenze zwischen Italien und Österreich, zwischen Schnalstal und Ötztal, auf ziemlich genau 3.215 Metern Höhe. Heute erinnert ein großes Steindenkmal an dieser Stelle an den spektakulären Fund. Die Mumie selbst liegt im Südtiroler Archäologiemuseum. Genau dieses Steindenkmal markiert das Ende des ersten langen Uphills beim Ultra des Schnalstal Alpine Trail, der in diesem Jahr sein Debüt feierte. Die umtriebige Trailrunning-Marke SALTY rief dieses Event ins Leben. Das Datum des Ötzi-Fundes ziert das Logo des Laufs. Maßgeblich beteiligt an der Entstehung dieses hochalpinen Events im hinteren Schnalstal waren zudem der Südtiroler Profi-Läufer Dani Jung und der begeisterte Trailrunner und Hotelier Didi Weithaler.

Die Marke SALTY ist jung, aber tief im Trailrunning verwurzelt – und so war das Event für eine Premieren-Veranstaltung außerordentlich professionell organisiert. Zusätzliche Herausforderungen brachte das schlechte Wetter mit sich. Natürlich muss man in solch hochalpinen Regionen, in denen sich dieser Lauf bewegt, mit schwierigen Bedingungen rechnen. Die Organisatoren hatten deshalb bereits im Vorfeld angekündigt, den Lauf notfalls um einen Tag zu verschieben. Chapeau für so viel Flexibilität – eine solche Option bringt in der Eventplanung sicher zusätzliche Hürden mit sich. Letztendlich entschieden sich die Veranstalter aber, am ursprünglichen Termin am Samstag festzuhalten. Leider war das Wetter dann noch schlechter als vorhergesagt: Wind und Regen setzten früher ein als erwartet. Die Skyrace-Strecke wurde daraufhin leicht entschärft, was immerhin allen Teilnehmenden einen Zieleinlauf ermöglichte. Der Ultra hingegen wurde in Vent nach der Hälfte der Strecke abgebrochen. Alle Läufer:innen, die nach 8 Uhr den Ötztaler Talort erreichten, wurden per Bus zurück zum Start transportiert – etwa die Hälfte des Feldes war betroffen. Jonas Oberhofer, Einsatzleiter der Bergrettung Schnalstal, erklärt das Vorgehen:

„Für die Ultra-Distanz war leider nichts zu machen. Wir haben im Laufe des frühen Morgens live am Berg beobachtet, wie das Wetter sehr viel schneller schlechter wurde, als ursprünglich vorhergesagt. Prognostiziert wurden nicht nur schlechte Sicht, Nebel, Regen und leichter Schneefall in der Höhe. Auch der Faktor, dass die Läufer:innen bis dahin schon lange unterwegs sein würden und die eisigen Temperaturen zur Auskühlung führen könnten, war zu riskant. Die Entscheidung wurde schweren Herzens, aber einstimmig getroffen.“

Durch den Rennabbruch gab es nur eine weibliche Finisherin: Marie-Sophie Reiser aus dem Zillertal gewann das Rennen über 53 Kilometer und 3.358 Höhenmeter in 8:34 Stunden. Andreas Reiterer sicherte sich unangefochten den Sieg bei den Herren. Der La-Sportiva-Athlet nutzte das Event in Heimatnähe (sein Wohnort Hafling liegt nur eine Autostunde entfernt) als Vorbereitungslauf für CCC und WM. Seine Zeit: 5:56:07 Stunden. Beim Skyrace siegte der Italiener Lukas Mangger (Dynafit) mit großem Abstand. Auch Anna Plattner ließ ihre Konkurrentinnen weit hinter sich: Die Österreicherin zeigte internationales Top-Niveau – nur vier Männer waren schneller als sie.

Im Rahmen des Events wurden außerdem die deutschen Skyrunning-Meisterschaften ausgetragen. Hier holten sich Dioni Gorla (Sky) und Felix Bergmann (Sky) sowie Tobias Fritz (Ultra) und Marie-Sophie Reiser (Ultra) den Titel. Noch während der Siegerehrung prasselte der Regen unentwegt auf das Zeltdach des Eventgeländes.

Am darauffolgenden Sonntag wechselten sich dann Sonne und Wolken ab, das Wetter war wieder stabil. Auch wenn es noch kalt war und die höchsten Gipfel leicht angezuckert blieben, wäre eine Verlegung auf den Sonntag – wie ursprünglich in Erwägung gezogen – sicher keine schlechte Idee gewesen. Aber hinterher ist man bekanntlich immer schlauer. Große Geste: Alle, die den Ultra aufgrund des Wetters nicht zu Ende laufen konnten, bekamen einen Startplatz für das kommende Jahr angeboten.

Im nächsten Jahr geht der Schnalstal Alpine Trail in die zweite Runde – diesmal am ersten Augustwochenende. Dann hoffentlich mit besserem Wetter und vollem alpinen Trailgenuss auf Ötzis Spuren jenseits der 3.000 Meter.

© Stefan Götschl

27 l/m² Niederschlag: Originalstrecken trotz Dauerregens

Als eine der wenigen Laufveranstaltungen im Alpenraum ließen die Veranstalter der Walser Trail Challenge sämtliche Distanzen auf der Originalroute laufen. Das bedeutete für die Teilnehmenden: aufgeweichte Wege und Dauerregen (mit wenigen Unterbrechungen). Im nicht weit vom Startort Hirschegg entfernten Oberstdorf wurden am Samstag 27 l/m² Niederschlag gemessen. Schwierige Bedingungen, die die teilweise anspruchsvollen Trails im Kleinwalsertal nochmals erschwerten. Rund 800 Trailrunner wagten sich dennoch auf die Trails und liefen eine der Einzeldistanzen (15 km, 28 km, 63 km) oder eine Variante der beiden Trail Challenges, die eine Kombination zweier Läufe umfasst. Die Ergebnisse gibt es hier.

Foto: Dominik Berchtold

Der Tod und der Trail

Kompression beim Trailrunning – Wirkung, Nutzen und Grenzen