Von 23 auf 7 – Zahlen und Storylines vom Transvulcania 2025

Immer montags präsentieren wir euch die Zahlen des vergangenen Wettkampfwochenendes. Hinter jeder Zahl verbirgt sich eine kleine Geschichte, die interessant, spannend, lustig oder einfach nur informativ ist. An diesem Wochenende geht es um die die legendäre Transvulcania.

Von SIEBEN auf VIERUNDZWANZIG °C

Zum mittlerweile 15. Mal fand in diesem Jahr das legendäre Trailrunning-Event Transvulcania statt. Bis vor wenigen Jahren gehörte es neben dem UTMB, Sierre-Zinal, Zegama und Co. zu den bedeutendsten Trailrunning-Rennen der Welt. Ist das immer noch so?

Die Transvulcania erlebte in den vergangenen Jahren turbulente Zeiten. Dreimal konnte das Rennen wegen COVID-19 und eines Vulkanausbruchs gar nicht oder nicht zum ursprünglichen Termin stattfinden. Es folgte eine kurze Liaison mit der UTMB World Series, die jedoch nach nur einem Jahr wieder beendet wurde.

Doch auch 2025 überrascht die legendäre Inseldurchquerung. Das Rennen, das normalerweise für seine spektakulären Weitblicke und hohen Temperaturen bekannt ist, wurde in diesem Jahr von äußerst fordernden Wetterbedingungen geprägt. Die beeindruckende Charakteristik des Rennens – stets dem Inselrücken folgendführte dazu, dass die Teilnehmenden den Elementen über lange Zeit schutzlos ausgeliefert waren. Besonders herausfordernd waren die Abschnitte in der Höhe kurz vor dem legendären Gipfel Roque de los Muchachos (2.426 Meter): Starker Wind, stürmischer Regen und Kälte setzten den Läuferinnen und Läufern zu.

Es gab viele DNFs, auch unter den Favorit:innen: Vorjahressiegerin Ruth Croft musste das Rennen wegen Unterkühlung vorzeitig beenden. Auch der US-Amerikaner Matt Daniels stieg vorzeitig aus.

Was das Rennen ebenso auszeichnet, ist der extreme Temperaturunterschied und ein gnadenloser Downhill. Vom höchsten Punkt der Insel geht es nonstop hinunter ans Meer nach Tazacorte – 2.400 Höhenmeter bergab, bei fast 20 Grad Temperaturunterschied. Der Slowake Peter Frano konnte sich vor dem Downhill an die Spitze setzen und einen kleinen Vorsprung herauslaufen. Doch im wegen Nässe und Schlamm äußerst anspruchsvollen Downhill schloss der erfahrene Andreas Reiterer auf und übernahm zeitweise die Führung. Abschütteln konnte er den Slowaken jedoch nicht. Frano wusste: Das Rennen endet nicht unten am Meer, sondern mit einem letzten, fiesen Anstieg von 300 Höhenmetern hinauf ins Ziel nach Los Llanos. Dort setzte er seine Attacke – der Italiener konnte nicht mehr folgen.

Die französische Läuferin Anne-Lise Rousset weiß, wie man die Transvulcania erfolgreich finisht. Schon dreimal erreichte sie Platz zwei. Dieses Jahr kehrte sie mit dem Ziel zurück, endlich zu gewinnen. Zu Beginn lief sie gemeinsam mit der favorisierten Ruth Croft. Erst als die Bedingungen rauer wurden, konnte sie die alleinige Führung übernehmen. Im Ziel verkündete die Siegerin, dass dies ihre letzte Saison als Profiläuferin sei. Ekaterina Mityaeva und Martina Valmassoi folgten mit einem respektvollen Rückstand von 20 Minuten auf den Plätzen zwei und drei. Beste deutsche Läuferin wurde Michelle Hassel auf Rang 9. Herzlichen Glückwunsch!

Hier kann man sich in einer sehenswerten ZDF-Dokumentation ansehen, wie die Transvulcania bei guten Bedingungen aussieht. 

Von Kalt zu Warm: Die Transvulcania wartete dieses Jahr mit besonders herausfordernden Bedingungen auf. © Transvulcania

Von Platz DREIUNDZWANZIG auf Platz SIEBEN

Wer Patrick Ehrenthaler noch nicht kennt, sollte sich unbedingt unseren Interview-Podcast mit dem sympathischen Bayern anhören. Der ehemalige Fußballer und Lavaredo-80K-Sieger hatte sich für La Palma eine Top-Ten-Platzierung vorgenommen. Auf Instagram berichtet er:

„Um 6 Uhr fiel der Startschuss – Regen, Sturmböen, dichter Nebel … Das Tempo, wie immer, von Beginn an sehr hoch. Ich merkte schnell, dass ich das Anfangstempo nicht mitgehen konnte, ohne es später teuer zu bezahlen. Also ließ ich die Spitzengruppe ziehen und lief mein Rennen. Ich hielt mir immer wieder vor Augen: Es geht nicht um Platzierungen, sondern um meine eigene Zeit.“

Diese Einstellung machte sich bezahlt. Der Läufer aus Tittling lag an der ersten Verpflegungsstation bei Kilometer acht noch auf Rang 23 – und startete von dort eine fulminante Aufholjagd. Wobei: „Aufholjagd“ ist vielleicht das falsche Wort. Denn während Patrick einfach nur konstant seine Pace lief, ließen andere nach oder stiegen aus. Am Roque de los Muchachos, nach 52 Kilometern und 3.800 Höhenmetern, fand er sich auf Rang sieben wieder – eine Position, die er bis ins Ziel verteidigte. Nach sieben Stunden und 43 Minuten lief er über die Ziellinie. Eine starke Zeit – und eine ebenso starke Platzierung.

Nur zwei Plätze und gut zehn Minuten vor ihm: der Schweizer Ramon Manetsch, der ebenfalls für seine besonnene und kluge Renneinteilung bekannt ist. Der Polizist startete etwas schneller als Ehrenthaler, kämpfte sich aber ebenfalls von Rang 13 auf Rang fünf vor. Stark!

Das absolute Meisterwerk des perfekten Pacings lieferte jedoch der drittplatzierte Manuel Anguita aus Spanien ab. Nach 20 Kilometern noch auf Platz 20 liegend, beendete er das Rennen auf Rang drei – und feierte damit den größten Erfolg seiner Karriere.

Wir lernen also: Wer die Führungsgruppe zu Beginn eines Ultratrails laufen lässt und sich auf sein eigenes Tempo konzentriert, kann das Rennen vielleicht nicht gewinnen. Aber das Podium ist trotzdem in Reichweite. Was für den Drittplatzierten gilt, gilt für alle dahinter umso mehr: Besonnenes Pacing ist bei Ultratrails Gold wert!

Bester Deutscher bei der Transvulcania: Patrick Ehrenthaler © Transvulcania

Von 6:52:39 auf 9:58:20

6:52:39 – das ist der Streckenrekord bei der Transvulcania. Aufgestellt wurde er vor genau zehn Jahren von einer echten Legende dieses Rennens: Luis Alberto Hernando. Ein Name, der wohl fast jedem der trailrunningbegeisterten Bewohner der Insel La Palma ein Begriff ist. Schließlich gewann der Spanier die Transvulcania zwischen 2014 und 2016 dreimal in Folge. Es war zweifellos die Blütezeit des Rennens.

In der gesamten Trailrunning-Welt sprach man einst vom Enthusiasmus und der ehrlichen Begeisterung, mit der die Palmenser ihr Rennen und ihre Stars feierten. Luis Alberto Hernando ließ bei seinem legendären Rekordlauf im Jahr 2014 sogar Kilian Jornet hinter sich.In diesem Jahr stand der inzwischen 47-Jährige, wohl dienstälteste Adidas-Terrex-Athlet, erneut an der Startlinie. Seine Profikarriere hat er mittlerweile beendet – doch Ultratrails läuft er immer noch. Luis Alberto Hernando war sich nicht zu schade, das Rennen auf Rang 97 zu beenden. Großes Kino! Mit einer Zeit von 9:58:20 war er über drei Stunden langsamer als bei seinem damaligen Streckenrekord. Auf der langen Zielgeraden der Transvulcania wurde er dennoch gefeiert – vermutlich nicht weniger als vor genau zehn Jahren.

Ein Deutscher sorgte im selben Jahr ebenfalls für Aufsehen: Stephan Hugenschmidt belegte Rang fünf und finishte nach 7:27:10 – bis heute die schnellste Zeit eines deutschen Läufers bei der Transvulcania. Weder der junge Philipp Reiter im Jahr 2013 noch Hannes Namberger im Jahr 2018 und 2019 konnten diese Zeit toppen.

Transvulcania Legende Luis Alberto Hernando auf dem Weg zu Platz 97 ©Transvulcania

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