Trail-Serien-Dickicht

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Der Elitesport im Trailrunning ist unübersichtlich organisiert. Mit der ITRA gibt es zwar einen internationalen Verband, jedoch ist deren strukturgebender Einfluss nicht von der Relevanz, wie man es aus anderen Sportarten gewohnt ist. Weltcups gibt es keine. Neben den jährlich stattfindenden Welt- und Europameisterschaften, sind es vor allem die privat organisierten Rennserien, welche den Sport Trailrunning maßgeblich prägen. Da diese Gemengelage verschiedener Trail-Serien von außen oft unübersichtlich und verwirrend ist, stellen wir nachfolgend die vier wichtigsten internationalen Rennserien und ihre Historie vor.

Skyrunner World Series – Die Extreme

Die Skyrunner World Series ist die älteste der hier vorgestellten Serien. Da sie gleichzeitig die am weitesten ausdifferenzierte aller vier Serien ist, würde man dies wahrscheinlich so nicht vermuten. Die SWS richtet sich auch im Jahr 2024 wieder an alle Trailrunner, welche die technischen Herausforderungen von alpinem und roughen Terrain nicht scheuen. Extreme Höhen, große Höhenmeterzahlen, steile An- und Abstieg und extrem technisches Gelände– dies sind die Attribute, welche Skyrunning-Rennen charakterisieren. Die Länge der Rennen beschränkt sich meist auf das Sub-Marathon Niveau. Nur einige wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel Kima Trophy, sprengen die Marathon-Distanz. Dies war nicht immer so.

Es gab Zeiten, in denen die Skyrunner World Series deutlich breiter aufgestellt war und auch längere und weniger technische Rennen mit einbezog. So waren prestigeträchtige Rennen wie Sierre-Zinal, Zegama, das Dolomites Skyrace oder die Transvulcania alle einmal Teil der SWS. Ins Leben gerufen wurde die Serie 2003 durch die International Skyrunning Federation, die sich damals noch Federation for Sport at Altitude (FSA) nannte. Seine Ursprünge hat Skyrunning sogar noch viel früher. Mitte der 90er gab es einige wenige Rennen mit einigen ausgewählten Teilnehmern (alle ausgestattet vom damaligen Sponsor Fila), denen man tatsächlich eher das Attribut Alpinismus denn Laufen ans Revers heften musste. Gipfel wie der Mont Blanc, Monte Rosa oder der Mount Kenia wurden damals vom Tal aus erlaufen. Die ISF ist bis heute der zuständige Dachverband für Skyrunning und richtet selbst Welt- und Europameisterschaften in den Disziplinen Vertical, Sky und Ultra aus. Die Rechte für die Durchführung der World Series liegt seit einigen Jahren in den Händen des Konzerns Skyman SA.

Durch das Aufkommen von konkurrierenden Serien wie der Golden Trail Series oder auch der UTMB World Series verlor die SWS zwischenzeitlich an Bedeutung. In den letzten Jahren hat sie ihr Profil noch mal deutlich geschärft und konzentriert sich nun ausschließlich auf die technisch wirklich anspruchsvollen Kurse dieses Sports. Mit Merrell hat die Serie dieses Jahr einen starken Titelsponsor gefunden und hat ihr Rennangebot noch mal deutlich ausgebaut. Inklusive dem Finale in Spanien zählt die Serie nun 21 Rennen, die sich von Anfang März bis Mitte November ziehen. Mit dem Hochkönig Skyrace und dem Kaiserkrone Skyrace in Österreich sind auch zwei Rennen im deutschsprachigen Raum mit von der Partie. Neben der internationalen Serie gibt es in einigen Ländern, wie zum Beispiel Frankreich, Spanien, UK oder Österreich, auch nationale Skyrunning Serien.

Der Handeinsatz ist bei Rennen der Skyrunner World Series des öfteren gefragt © Skyrunner World Series

Golden Trail Series – die Bildgewaltige

Die prestigeträchtigsten Rennen dieses Sports und die schnellsten Athlet:innen weltweit vereint diese globale Trailrunning- Rennserie. Dabei konzentriert sie sich auf die Distanzen bis Marathon. 2018 wurde die Golden Trail Serie von der Marke Salomon ins Leben gerufen und setzte sofort neue Maßstäbe. Grund hierfür war mit Sicherheit die hohe Dichte an Eliteläufern und -läuferinnen sowie ikonischen Rennorten. Die drei Rennen Zegama, Marathon du Mt. Blanc und Sierre Zinal bildeten von Beginn an das namhafte Grundgerüst der Serie. Ergänzt werden diese Rennen durch weitere, jährlich variierende Stops. Ein weiterer Garant für den Erfolg der Golden Trail Series ist die bildstarke und die Athleten eng begleitende mediale Präsentation der Events. Neben Liveberichterstattung direkt von der Rennstrecke gibt es vor allem sehr hochwertig produzierte Dokumentationen, welche die Athleten vom Alltag bis zum Renntag hautnah begleiten.

Am Ende der Saison gibt es ein Finalrennen, bei dem die doppelte Punktzahl vergeben wird. Der Ort des Finales variiert von Jahr zu Jahr.

Während in den ersten Jahren der GTWS die Dominanz von Salomon gesponserten Läufern und Läuferinnen noch sehr ausgeprägt war, hat sich die Serie, deren Hauptsponsor noch immer Salomon ist, inzwischen markentechnisch diverser aufgestellt. Der ehemalige Salomon Athleten-Manager Greg Vollet ist nun als Hauptverantwortlicher Direktor der Serie tätig und versteht es gekonnt, die schnellsten und talentiertesten Athleten und Athletinnen der Welt von einem Start bei den GTWS-Events zu überzeugen. Nachdem vor zwei Jahren erstmals zwei Events in Nordamerika Teil der Serie wurden, kommen dieses Jahr zwei weitere Events in Asien (eines in China und eins in Japan) dazu.

Neben der World Series gibt es zahlreiche nationale Golden Trail Serien. So auch eine in der DACH Region mit je zwei Rennen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch über die nationalen Serien kann man sich für das große globale Finale am Saisonende qualifizieren.

Bei der Golden Trail Series sind die Zuschauer zahlreich – sowohl am Berg als auch vor den Endgeräten © Philipp Reiter

UTMB World Series – die Mächtige

Im Frühjahr 2021 präsentierte die UTMB Group, seit 2003 Veranstalter des Ultra Trail du Mont Blanc in Chamonix, ihre neue Zusammenarbeit mit Ironman. Zusammen mit dem aus dem Triathlon kommenden Veranstaltungskonzern riefen sie die UTMB World Series ins Leben. Diese globale Rennserie sollte ab 2022 die Ultra Trail World Tour ersetzen. Vorgestellt wurde ein in sich geschlossenes System aus vorerst 28 Events. Das große Finale dieser Rennserie findet natürlich Ende August in Chamonix im Rahmen des UTMB über die drei Rennen OCC, CCC und UTMB statt. Im Gegensatz zu den anderen Rennserien gibt es keine Gesamtwertung. Das heißt, man kann bei den einzelnen World Series Events keine Punkte sammeln. Diese fungieren einzig und allein als Qualifikationsrennen für das große Finale in Chamonix.  Neben den World Series Finals gibt es drei weitere Ebenen: Die World Series Majors (kontinentale Meisterschaften), World Series Events und die World Series Qualifiers.

Um an den Finals, also dem UTMB, teilzunehmen, müssen Hobbyläufer Running Stones sammeln, welche sie nur durch ein Finish eines UTMB World Series Events erhalten. Diese fungieren als Los in der Startplatzlotterie. Elite-Athleten können sich über Top-Platzierungen bei World Series Events qualifizieren (das Quali System genau erklärt).

Die Zusammenarbeit mit Ironman, das Qualifikationssystem selbst sowie einige weitere Entscheidungen des UTMB weckten innerhalb der Trailrunningszene teilweise laute Kritik und Widerstand. Viele namhafte Ultratrail-Events die vorher Teil der Ultra Trail World Tour waren, schlossen sich der UTMB World Series an und bekamen das Suffix „by UTMB“ verhängt. Aber längst nicht alle: Prestigeträchtige Rennen wie der Transgrancanaria, der Madeira Island Ultra Trail, der Hongkong100 oder der Ultra Pirineu behielten ihre Unabhängigkeit. Der Transvulcania war erst dabei, beendete die Zusammenarbeit mit der UTMB World Series aber Ende 2023.

In der Saison 2024 sind weltweit 42 Events Teil der UTMB World Series. Innerhalb dieser Events gibt es oft mehrere Rennen, die sich auf die Kategorien 100M, 100K, 50K und 20K verteilen. Letztere Kategorie spielt meist eine eher untergeordnete Rolle. Der Fokus der UTMB World Series liegt klar auf den längeren Ultra-Distanzen von 50 Kilometern und mehr. In Deutschland gibt es bis dato noch kein UTMB World Series Event. Mit dem Eiger Ultra Trail, dem Mozart 100 sowie dem KAT 100 aber doch einige Events im deutschsprachigen Raum.

Episch: Der Start des UTMB © UTMB

World Trail Majors – die Neue

Die World Trail Majors sind eine globale Serie internationaler Ultratrail-Events, die Ende 2023 verkündet wurde und 2024 in ihre erste Saison geht. Diese Serie kann man als Antwort auf die UTMB World Series und die Kritik an selbiger verstehen. In ihrem ersten Jahr besteht sie aus zehn Rennen. Darunter unter anderem der Transgrancanaria, der Madeira Island Ultratrail und der Ultratrail Cape Town.

Das Konzept dieser Rennserie ist der komplette Gegenentwurf zu dem von UTMB und Ironman. Die World Trail Majors vermarkten sich dementsprechend als „die andere Rennserie“: Als Non-Profit-Association ist sie eine Vereinigung großer Trailrunning Rennen sein, welche die Diversität des Sports und die individuelle Identität seiner Events akzeptiert. Respekt und Umweltfreundlichkeit werden außerdem besonders in den Fokus gerückt. Die besten zwei Resultate eines Läufers oder einer Athletin gehen in die Gesamtwertung ein, wobei jedes Rennen gleichgestellt ist. Um in der Gesamtwertung zu erscheinen, reicht aber schon ein Finish aus.

Ende Februar verkündete die World Trail Majors, dass sie die Tourismusregion Gran Canaria als titelgebenden Hauptsponsor gewinnen konnte. Von nun an heißt sie Gran Canaria World Trail Majors.

Preisgeld wurde noch nicht ausgelobt, da man noch hofft, weitere Sponsoren zu gewinnen. Ein nachhaltiges, aber stetiges Wachstum in Form von neuen Rennen, die der Rennserie beitreten, wird angestrebt. Mit dem Swiss Canyon Ultra ist die Serie in den Trailrunning-verrückten Alpen bisher leider nur mit einem Event vertreten.

 

Courtney Dauwalter beim Madeira Island Ultratrail, welcher ab 2024 Teil der World Trail Majors ist

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